Süddeutsche Zeitung

Stadtpolitik:SPD-Fraktionschef Reissl erst im zweiten Wahlgang wiedergewählt

Lesezeit: 2 min

Von Heiner Effern

Der bisherige Fraktionschef Alexander Reissl wird nach einer außergewöhnlichen Wahl auch die kommenden beiden Jahre an der Spitze der Rathaus-SPD stehen. Der 60 Jahre alte Moosacher benötigte am Montag zwei Versuche, um sich im Amt zu halten. Sein Herausforderer Christian Müller, 51, hatte im ersten Wahlgang mit zwölf von 24 Stimmen ein Patt erreicht. Daraufhin zog Müller, Sozialsprecher der Fraktion, seine Kandidatur zurück und erklärte, bei der Wahl um den Fraktions-Vize anzutreten. Müller habe einen nochmaligen Kampf vermeiden wollen, sagte ein Fraktionssprecher. Daraufhin wurde Reissl ohne Gegenkandidaten mit 20:4 Stimmen gewählt.

"Das war eine komplizierte Situation, wie wir sie noch nie hatten", sagte ein nachdenklicher Reissl am Montagabend. Viele hätten dazu beigetragen, sie zu lösen. Dass ein solches Ergebnis auch an einem langjährigen Politprofi nicht ohne Nachhall vorbeigeht, räumt Reissl unumwunden ein. "Das nagt schon", sagte er. Um im nächsten Satz gleich Demut zu demonstrieren. Er sei nicht als "Chef" der Fraktion gewählt worden. "Das Wort führt in die Irre." Vielmehr gelte es, als Vorsitzender mit der Fraktion gemeinsam zu arbeiten. Man werde das Ergebnis dieses Nachmittags analysieren und dann wieder aktiv Politik gestalten. Sein Herausforderer Müller wollte sich nicht äußern.

Die konsternierte Fraktion, die ihren eigenen Chef nicht mehr mit einer Mehrheit ausstatten wollte, es schließlich aber doch getan hat, wählte dann Müller zum Stellvertreter. Um eine nochmalige Kampfkandidatur zu vermeiden, hatte der gerade vor zwei Jahren erstmals zum Vize gewählte Christian Vorländer wiederum seine Ambitionen zurückgestellt und verzichtet. Müller erhielt trotzdem ein denkbar schlechtes Ergebnis ohne Gegenkandidaten: Er wurde mit nur 14 von 24 Stimmen gewählt. Dafür setzte sich die zweite Stellvertreterin Reissls, Verena Dietl, souverän und ohne Aufregung durch. 23 der 24 SPD-Stadträte stimmten für sie.

Müller hatte wenige Tage vor der alle zwei Jahre üblichen Neuwahl der Fraktionsspitze seine Kandidatur erklärt. Beide Bewerber stellten sich am Montagnachmittag nochmals der Fraktion vor und präsentierten ihre Ziele für die kommenden zwei Jahre. Und alle zwei sollen laut Teilnehmern einen guten Auftritt hingelegt haben. Müller war mit dem Anspruch angetreten, die SPD-Politik wieder sozialer und ökologischer gestalten zu wollen. Reissl gilt mit seiner Erfahrung als Garant, das Bündnis mit der CSU auf Augenhöhe führen zu können.

Die Kandidatur Müllers war der zweite Anlauf in nur zwei Jahren, Reissl von der Spitze der SPD-Fraktion zu verdrängen. Bei der letzten turnusgemäßen Wahl im Frühjahr 2016 war dessen Stellvertreter Hans Dieter Kaplan überraschend angetreten, weil er mit Reissls Umgang mit den eigenen Leuten nicht mehr zurechtgekommen war. Obwohl die Kandidatur nicht besonders strategisch eingefädelt war, erhielt Kaplan damals neun von 23 Stimmen. Seither werde mehr diskutiert in der Fraktion, ist von Mitgliedern zu hören. Auch wurde damals die Fraktionsspitze stark verjüngt: Für Kaplan und die zweite Stellvertreterin und jetzige Stadtschulrätin Beatrix Zurek rückten Verena Dietl und Christian Vorländer nach.

Wenn nicht außerhalb regulärer Amtsperioden noch Änderungen eintreten, wird sie mit einem sehr routinierten Trio in die Kommunalwahl 2020 gehen. Reissl und Reiter sind fast gleich alt, Bürgermeisterin Christine Strobl wird als jüngste um den Wahltermin herum ihren 59. Geburtstag feiern. Eine leicht vergiftete Gratulation kam schon von der CSU, als sich die SPD noch gar nicht so weit berappelt hatte, dass sie sich offiziell äußern konnte. "Der CSU ist wichtig, dass wir auch die letzten beiden Jahre vertrauensvoll in der Rathaus-Kooperation zusammenarbeiten können", schrieb Fraktionschef Manuel Pretzl. Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass die CSU die innere Befindlichkeit der SPD für einen gravierenden Bremsfaktor in der täglichen Arbeit hält.

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SZ vom 24.04.2018
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