Süddeutsche Zeitung

Heizkraftwerk Süd:Ein Schlot als Schmuckstück?

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Von Sebastian Krass

Alexander Reissl war verwundert, als er davon las, dass die Stadtgestaltungskommission sich für den Erhalt des 176 Meter hohen Kamins am Heizkraftwerk Süd ausgesprochen hat. "Dass jetzt schon Schornsteine ,heilig' gesprochen werden, überrascht mich", sagt der Fraktionschef der SPD im Rathaus: "Es ist ja noch nicht mal so ein alter aus Ziegeln gemauerter." Er jedenfalls, und da sprach er auch als Aufsichtsrat der Stadtwerke München (SWM), die im Zuge eines Umbaus den Kamin abreißen wollen, würde "nicht empfehlen, einen funktionslosen Schornstein zu erhalten".

Reissls Worte zeigen, dass die Zukunft des auffällig an der Isar gelegenen Kraftwerks und insbesondere des Schlots ein durchaus strittiges Thema in der Stadt ist. Denn er stellt sich gegen das Votum der Kommission und der in ihr vertretenen Stadträte, darunter die planungspolitischen Sprecher Heide Rieke (SPD) und Walter Zöller (CSU). Die Kommission hat am Dienstagabend beschlossen, die SWM sollten einen Erhalt des Kamins prüfen, der nach dem Olympiaturm das zweithöchste Bauwerk Münchens ist.

Stadtbaurätin Elisabeth Merk, die sich in der Sitzung nicht dazu geäußert hatte, erklärte am Mittwoch, der Turm präge "ohne Zweifel das Stadtbild". Wenn er erhalten bliebe, "dann als Landmark einer sich wandelnden Energieversorgungstruktur". Richard Quaas, CSU-Stadtrat und Aufsichtsrat der SWM, meinte: "Wenn sich das relativ Kostenneutral - auch ein Abriss ist teuer - gestalten würde, wäre ich für einen Erhalt."

Die SWM will den Kamin abreißen. Eine Funktion hat er nicht mehr, seit das alte Heizwerk im Frühjahr 2018 stillgelegt wurde. Man könne ihn auch bei der künftigen Wärmeerzeugung mit Geothermie nicht gebrauchen, erklärte ein SWM-Vertreter der Stadtgestaltungskommission. Das habe man geprüft. Der Abriss soll nach derzeitiger Planung im zweiten Halbjahr 2019 beginnen und bis Ende April 2020 dauern. Wie hoch die Instandhaltungskosten wären, wenn er quasi als Denkmal stehen bliebe, das müsse man jetzt prüfen, erklärte ein SWM-Sprecher am Mittwoch.

Die SWM stellten vor der Stadtgestaltungskommission erstmals auch andere Details zum geplanten Umbau auf dem Gelände des Heizkraftwerks öffentlich vor. Für das Stadtbild relevant sind der geplante neue Kamin, der etwa halb so hoch werden soll wie der große und sich zu den vier anderen Schloten gruppieren würde, die erhalten bleiben, und ein neu zu bauender Heißwasserspeicher. Der hat die Form einer Tonne und wird 50 Meter hoch, entstehen soll er bis 2022.

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SZ vom 24.01.2019 / sekr
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