Süddeutsche Zeitung

SPD:"Insgesamt würde ich das als Aufbruch sehen"

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Ein Miteinander und Beschlüsse, die im Kommunalwahlkampf helfen können: Die Münchner SPD-Delegierten sind nach dem Bundesparteitag erleichtert

Von Anna Hoben, München

Sie klingt erleichtert, am Sonntagmittag am Telefon. Gut und gelöst sei die Stimmung beim SPD-Parteitag in Berlin gewesen, sagt die Münchner Parteivorsitzende Claudia Tausend. "Das war vorher nicht absehbar, Anspannung und Verunsicherung waren groß." Zusammenhalt, gemeinsam nach vorne blicken, das erwarte sie nun von ihrer Partei. "Und das war auch der Wunsch derer, die den Parteitag maßgeblich mitgestaltet haben, aber auch der Delegierten." Wie sich die neuen Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans präsentiert hätten? Die beiden müssten nun dafür sorgen, dass sich keine neuen Gräben auftun. "Ich glaube, die haben das ganz gut gemacht."

Die größte Sorge der Münchner Delegierten ist nach dem Wochenende gebannt: ein schneller Ausstieg der Sozialdemokraten aus der großen Koalition und eine Überlagerung des Kommunalwahlkampfs durch eine Bundestagswahl. "Ich glaube, dass der Parteitag uns Rückenwind gibt für die Kommunalwahl", sagt Christian Köning, Chef der Münchner Jusos. Intensiv für ein "möglichst gutes Ergebnis" bei der Wahl im März kämpfen werde man dann ab dem Dreikönigstreffen. Von manchen Beschlüssen auf dem Parteitag hätte er sich freilich - wie es sich für einen Juso gehört - noch mehr erwartet. Froh ist er aber vor allem über den Abschied von Hartz IV. "Das war wie ein Hemmschuh, die Abschaffung ist ein Zeichen für den Aufbruch", sagt Köning. Damit habe die Partie klargemacht, "wo die Sozialdemokratie steht".

Der Münchner SPD-Vize Florian von Brunn hat seine Freude über den Abschied von der Agendapolitik gleich am Samstag hinausgetwittert: "Wir haben es geschafft! Hartz IV war falsch und ungerecht. Und ein Umdenken überfällig. Ich bin froh, dass meine SPD das jetzt korrigiert hat." Hashtag: #indieneuezeit. "Sehr friedlich und konsensorientiert" sei der Parteitag gewesen, berichtet er am Sonntag, die neuen Vorsitzenden hätten eine sehr motivierende Rede gehalten. "Insgesamt würde ich das als Aufbruch sehen", so von Brunn. Beim Thema Klimaschutz habe es eine klare Positionierung gegeben, "die auch für München etwas bedeutet", etwa wenn es um verstärkte Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr gehe.

Am Samstag spielten auch die Themen Wohnungsbau und Mieten in Berlin eine Rolle. So beschlossen die Sozialdemokraten, die Mieten in beliebten Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt für fünf Jahre praktisch einzufrieren. Erhöhungen sollen demnach maximal im Umfang der Inflationsrate möglich sein. Die Mieter brauchten diese Pause, sagte die bayerische SPD-Vorsitzende Natascha Kohnen. In Bayern läuft zurzeit die Unterschriftensammlung für ein Volksbegehren mit ähnlicher Stoßrichtung, initiiert vom Mieterverein München. In Berlin sprachen sich die Delegierten des Parteitags außerdem für ein Zehn-Jahres-Programm zum Bau von bezahlbaren Wohnungen aus. Was die Beschlüsse für die bayerische Landeshauptstadt bedeuten könnten - wenn denn die Union mitzieht? "Ich bin zuversichtlich, dass wir auch für München einiges erreichen", sagt SPD-Chefin Tausend. Vieles von dem, was in dem Antrag genannt werde, sei in München ohnehin schon Alltag, Modelle wie der konzeptionelle Mietwohnungsbau etwa. Sie stelle aber fest, dass es Bewegung bei CDU und CSU gebe, "die können die Augen vor der Wohnungsnot in den Städten nicht verschließen". Einiges sei mit dem Koalitionspartner aber eben auch nicht machbar: ein echter Mietspiegel zum Beispiel, der alle Mietverträge berücksichtigt, nicht nur die neueren. "Das ist ein Wermutstropfen."

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Quelle:
SZ vom 09.12.2019
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