Süddeutsche Zeitung

Sachbuch:Rückkehr zum Sehnsuchtsort

Thomas Harding ist der Urenkel des Arztes, der vor den Toren Berlins das "Sommerhaus am See" erbaute. Seine Erzählung über dessen Bewohner überspannt 100 Jahre deutscher Geschichte.

Von Barbara Hordych

In den Zwanziger Jahren war das schlichte Holzhaus am See von Groß Glienicke das Ferienparadies der jüdischen Familie Alexander. Auf dem Cover des erzählenden Bilderbuchs "Sommerhaus am See" erstrahlt es in der frühsommerlichen Farbenpracht der Natur. Die mosaikverkleidete Tür- und Fensterfront leuchtet blau in der Sonne, die Terrasse öffnet sich einladend zum Wasser. Doch die Bewohner des Hauses, eine Familie mit vier Kindern, hetzen als dunkle Schatten, gebeugt und bepackt durch das hohe Gras aus dem Bild. Dieser Kontrast ist ein Sinnbild für die wechselvolle Geschichte des Hauses, das einst "ein Arzt und seine fröhliche Frau" vor den Toren Berlins als Sommerdomizil für ihre Familie erbauten. Später wurden sie von den Nationalsozialisten in die Emigration getrieben und mussten alles zurücklassen. Das Haus erlebte die Nazidiktatur und den Zweiten Weltkrieg, zu Zeiten der DDR wurde die Mauer durch den Garten gebaut, am Seeufer entlang. Bis zur Wiedervereinigung Deutschlands war es Wohnstätte und Zufluchtsort von fünf Familien, die es belebten, gestalteten - und vergaßen. Erst der Urenkel des Arztes, der Autor Thomas Harding, kehrte zurück und restaurierte das verfallene Haus, das heute eine Begegnungsstätte ist. Dessen Geschichte schildert er in einem Sachbuch, das es nun auch als Bilderbuch gibt.

Thomas Harding: Sommerhaus am See , Sachbuch, dtv 2018; Bilderbuch Stuart Jacoby 2020

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Quelle:
SZ vom 04.06.2020
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