Süddeutsche Zeitung

Rede auf Marienplatz:Mit Leidenschaft für Europa

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Die Grünen laden zum "Wahlkampfhöhepunkt" mit Henrike Hahn und Ska Keller - das Interesse ist überschaubar

Von Heiner Effern

Sie hat es auf der Bühne schon gesagt, und sie wiederholt es auch nach ihrem Auftritt: Es sei ein ganz besonderer Moment in ihrem politischen Leben gewesen. "Als geborene Münchnerin hier auf dem Marienplatz zu sein und über Europa reden zu dürfen, das ist ein Traum", sagt Henrike Hahn. Als Spitzenkandidatin der bayerischen Grünen für die Europawahl am kommenden Sonntag ist sie überall im Freistaat unterwegs, zwischen Traunstein und Würzburg in dieser Woche, aber die Bühne vor dem Rathaus bereite ihr schon eine besondere Freude. "Dort hinten auf dem Balkon", sie deutet auf das Rathaus, "habe ich als Kind einmal auf dem Weihnachtsmarkt gesungen."

Damals könnten zwar mehr Zuhörer auf dem Marienplatz gewesen sein als an diesem Donnerstagmittag, doch dieses Mal hat Hahn eine persönliche Botschaft, die sie unter die Menschen bringen will: Europa müsse viel mehr für das Klima und die Umwelt tun und auch für die Menschen, speziell für Flüchtlinge, und zwar mit ihr als Abgeordnete im Europäischen Parlament. "Lasst uns für ein Europa kämpfen, für das es sich zu kämpfen lohnt." Die etwa 100 Zuhörer applaudieren freundlich, drei grüne Fahnen mit goldenen Sternen wehen neben der Mariensäule im Wind, auf den exakt acht Bierbänken vor der Bühne sind noch einige Plätze frei.

Dafür findet sich plötzlich ein unerwarteter Gast am Rande der Versammlung ein: Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Ein paar ältere Herren verwickeln ihn prompt in ein Gespräch, danach stellt er fest, dass er an der vorherrschenden Farbe auf dem Marienplatz schon gemerkt habe, dass etwas nicht stimme. Er ist aber nicht als heimlicher Beobachter der Konkurrenz anwesend, sondern zufällig vom Semmelholen gekommen, wie er sagt. Und dann verschwindet er.

Viel Spaß machen den Sozialdemokraten die Auftritte der Grünen derzeit ohnehin nicht. Der einstige Juniorpartner im Stadtrat hat die SPD in München bei den vergangenen Wahlen in Bund und Land düpiert. Bei der letzten Europawahl allerdings lagen die Sozialdemokraten noch vor den Grünen. Henrike Hahn ist jedoch "sehr optimistisch", dass sich der positive Trend ihrer Partei gerade in der Stadt fortsetzt. An etwa 20 000 Haustüren hätten die Wahlkampfhelfer geklopft und für sie und die bayerischen Grünen geworben, erzählt Hahn.

Unterstützung bekam sie aber nicht nur von ihrer Stadtbasis, sondern auch von ganz oben. Die bundesdeutsche Spitzenkandidatin der Grünen, Ska Keller, ist zum "Wahlkampfhöhepunkt" nach München gekommen. Unter diesem Motto haben die Grünen zur Kundgebung auf den Marienplatz eingeladen. Dazu sind auch die beiden Vorsitzenden der Grünen in Bayern gekommen, Sigi Hagl und Eike Hallitzky. Die betätigten sich sogar als Ordner, um eine offensichtlich sehr weit rechts stehende Zwischenruferin und einen zweiten mit DKP-Bekenntnis zur Raison zu bringen. Im Übrigen schwärmte Hallitzky "von der wunderbaren Henrike Hahn", die unermüdlich und voller Leidenschaft für Europa werbe.

In ihrer Rede macht diese auch noch an einem Beispiel aus München deutlich, wie die Menschen von einer strikten Umweltpolitik profitieren könnten. Erst die EU habe der Stadt und dem Freistaat beim Thema saubere Luft "kräftig auf die Finger geklopft". Nur so sei die Verschmutzung an der Landshuter Allee zum Thema und die Luft besser geworden. Das habe ihr gezeigt, wie persönlich sich Politik in der EU auswirken könne. "Meine Kinder sind dort in den Kindergarten gegangen."

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Quelle:
SZ vom 24.05.2019
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