Süddeutsche Zeitung

Prozess:"Sie müssen eine wahnsinnige Beißkraft haben"

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Von Andreas Salch

Frederick M. war einfach nicht gut drauf. Man könnte aber auch sagen, es habe ein "dysphorisches Zustandsbild" vorgelegen, wie ein Rechtsmediziner es nennt. In diesem Zustand neigten manche Menschen zu "Impulshandlungen", so der Experte. Die Impulshandlungen, die Frederick M. am Abend des 17. August vergangenen Jahres am Münchner Hauptbahnhof zeigte, führten dazu, dass er einem Mann in den Daumen biss.

"Ich weiß nicht, warum das passierte ist", erklärte der 45-Jährige an diesem Mittwoch vor dem Amtsgericht München, wo er sich für seinen Ausraster verantworten musste. "Ich war traurig und verwirrt", sagte Frederick M. Der Grund für die Verwirrung des Angeklagten dürfte vor allem am Alkohol gelegen haben. Nach seiner Festnahme wurde bei M. ein Atemalkoholgehalt von 2,19 Promille festgestellt. Das entspricht laut einem rechtsmedizinischen Gutachten einer Blutalkoholkonzentration im Bereich zwischen 1,55 und 2,85 Promille.

Am Abend des 17. August 2015 soll Frederick M. zunächst in einem Schnellimbiss im Hauptbahnhof wahllos Menschen angepöbelt haben. Zwei Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes sprachen ihn daraufhin an. M. soll sofort aggressiv geworden sein und versucht haben wegzulaufen.

Als er festgehalten wurde, kam es zu einem Handgemenge. M. spuckte einem Sicherheitsmann ins Gesicht. Schließlich gelang es ihm, sich aus dem "Haltegriff" des Sicherheitsmitarbeiters zu befreien. Dabei biss er diesem in den Daumen. Bei der sich anschließenden Rangelei fielen die drei Männer gemeinsam zu Boden. Frederick M. biss weiter in den Daumen.

Passanten solidarisierten sich mit dem Angeklagten

Glücklicherweise trug der 31-Jährige Handschuhe. Dennoch, ein Nerv seines malträtierten Daumens war gequetscht. Außerdem hatte er an seinem Daumen Hautabschürfungen und holte sich eine Infektion. Der Sicherheitsmann wurde für zwei Wochen krank geschrieben.

Erst mit Unterstützung von drei Bundespolizisten gelang es, Frederick M. von seinem Opfer zu ziehen. Auch dabei versuchte er vergeblich, einem der Männer in den Daumen zu beißen. Passanten, so Stefan C., hätten sich in dieser Situation sofort mit dem Angeklagten solidarisiert und ihn und seine Kollegen von der Bundespolizei aufgefordert: "Lasst doch den armen Mann in Ruhe, der tut doch nichts." Bei seiner Festnahme leistete Frederick M. vehement Widerstand und beleidigte die Beamten übel.

"Sie müssen eine wahnsinnige Beißkraft haben", sagte Richter Andreas Schätzl zu dem Angeklagten. Wegen Körperverletzung, Beleidigung und Widerstands verurteilte ihn das Gericht zu einer Geldstrafe in Höhe von 1200 Euro. Das entspricht 80 Tagessätzen zu je 15 Euro.

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Quelle:
SZ vom 08.09.2016
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