Prozess in München:Mann soll Jungen als Kindersoldat für den IS trainiert haben
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Es klingt erschreckend: Ein Würzburger Medizinstudent syrischer Abstammung soll den siebenjährigen Sohn seiner damaligen Freundin mit einem Holzstock auf den Bauch geschlagen haben - um ihn zum Kindersoldaten zu drillen. Der Mann steht nun als mutmaßliches Mitglied der Terrormiliz "Islamischer Staat" vor dem Oberlandesgericht in München. Er habe "unter völliger Missachtung der ihm überlassenen Fürsorge aus einer rohen und gefühllosen Gesinnung heraus" gehandelt, hinter der "die körperliche Integrität des Kindes zurückzustehen hatte", sagte Staatsanwalt Jürgen Rohrmüller.
Der 30-jährige Angeklagte soll auch einen Anschlag auf eine Synagoge in Berlin geplant haben. Dazu habe er sich die Anleitung zum Bau einer Bombe aus dem Internet heruntergeladen, sagte Rohrmüller. Zudem habe Abdulhadi B. mehrere Bekannte zu Selbstmordanschlägen für den IS aufgefordert - er habe Taten mit "möglichst vielen Opfern unter den aus seiner Sicht Ungläubigen" gewollt. Zur Umsetzung kam es offenbar nicht.
Dem Jungen wiederum habe er mindestens zehn Videos vorgeführt, "die zeigten, wie andere Kinder für den IS kämpften, auf andere Menschen schossen und selbst erschossen wurden." Ziel sei es gewesen, den Kleinen für das Gedankengut des IS empfänglich zu machen und als Kämpfer zu gewinnen.
Abdulhadi B. äußerte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen, kündigte aber an, er werde sich selbst "aktiv verteidigen". Und er verlangte noch einen Verteidiger neben den beiden Pflichtverteidigern. Es passiere ihm immer wieder, dass eine "kleine Sache aufgebauscht" werde, "so wie hier". Pflichtverteidiger Achim Groepper stellte klar, es werde von ihm keine "Gesinnungsverteidigung" geben. Auch Richter Christoph Wiesner machte die Fronten klar: Er, der Vorsitzende, sei der Herr des Verfahrens.
Abdulhadi B. muss sich wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorgruppe, Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, gefährlicher Körperverletzung und Misshandlung von Schutzbefohlenen verantworten. Vor Gericht schilderte er eine von Gewalt und Willkür geprägte Jugend. Als 15-Jähriger sei er von staatlichen Schergen geschnappt und malträtiert worden. "Es war Winter, sie haben kaltes Wasser über meine Füße gegossen." Sie hätten ihn in einen Autoreifen gepresst und geprügelt. "Am Schluss kam mein Vater und hat Geld bezahlt, um mich da wieder rauszuholen."
Im Studium in Syrien sei ihm vorgeworfen worden, ein Bild von Präsident Baschar al-Assad zerrissen zu haben. Dann sei er bei einer Studentendemo festgenommen worden, wieder Schläge. Sein Vater habe gesagt: "Das reicht jetzt." 2012 reiste er mit einem Visum nach Deutschland und immatrikulierte sich als Medizinstudent in Würzburg. Angeblich wurde er auch hier von syrischen Kräften geprügelt. Abdulhadi B. war in Würzburg zu fünf Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden, weil er seine Lebensgefährtin nach der Trennung bedroht und geschlagen hatte. Damals hätte er mit einem Strafbefehl wegkommen können - er bestand aber auf einem Prozess. Dieses Mal dürfte es für ihn schwieriger sein, glimpflich davon zu kommen.