Süddeutsche Zeitung

Prozess in München:42-Jähriger soll Mädchen über Jahre vergewaltigt haben

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Von Stephan Handel

Ob der Mann seinem Opfer Geschichten erzählt hat oder ob er die Geschichten selbst geglaubt hat, wird offenbleiben - wie so vieles in diesem Prozess, der am Freitag vor dem Landgericht begann. Angeklagt ist Yevgen S., 42 Jahre alt, ukrainischer Staatsbürger.

Er soll sich vergangen haben an einer heute 19-jährigen Frau - aber zu einer Zeit, als diese gerade mal 15, 16 Jahre alt war. Weil die Mutter des Mädchens ihm die Tochter anvertraut hatte, lautet die Anklage - unter anderem - auf "sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen". Die Zahl der Taten summiert sich auf knapp 500, dazu kommen noch Misshandlungen und gefährliche Körperverletzungen.

Yevgen S. hat sich sein Opfer gefügig gemacht, indem er erzählte, dass er "Übungen" durchführen müsse - Übungen, damit das Mädchen "Superkräfte" gewinnen würde. Er selbst sei nämlich der Leiter der Energie, das Mädchen sei die Energiequelle. Diese "Übungen" bestanden zunächst darin, dass der Mann sein Opfer schlug - mit der Hand, mit der Faust, später mit einem Gürtel, einem Seil, einer Rute; manchmal musste sie sich an einem Baum einen Zweig aussuchen, mit dem sie dann geschlagen wurde.

Der Angeklagte, seine Ehefrau und das Opfer lebten in Deutschland zwischen München, Bad Tölz und Ulm; die Erwachsenen verdienten ihr Geld mit Kletterkursen. Übernachtet wurde im Auto, im Wohnwagen oder bei Freunden.

Zwei Jahre dauerte das Martyrium des Mädchens, mit fast täglichen sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen. Dann lernte es einen anderen Mann kennen, mit ihm gelang die Flucht. Vor einem Jahr wurde ihr Peiniger festgenommen, seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Zum Prozessauftakt gab es gleich ein Vermittlungsgespräch zwischen Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Gericht sowie dem Anwalt des Opfers.

Dabei kam die Aussicht auf eine verhältnismäßig milde Strafe heraus, falls der Angeklagte gesteht: Zwischen vier Jahren und zwei Monaten und vier Jahren und acht Monaten wird er ins Gefängnis gehen. Aber nur, wenn er bis kommende Woche 10 000 Euro Schmerzensgeld an das Opfer bezahlt.

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Quelle:
SZ vom 12.08.2017
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