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Prostitution in München:Polizei will Bordelle schärfer kontrollieren

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Mehr als 2700 Prostituierte arbeiten in München, Tendenz steigend. Viele von ihnen kommen aus Osteuropa und werden von ihren Zuhältern ausgebeutet. Auch Menschenhandel wird zunehmend zum Problem - nun will die Polizei härter durchgreifen.

Von Florian Fuchs

Die Zahl der Prostituierten in München nimmt immer mehr zu, die große Mehrheit der anschaffenden Frauen kommt dabei inzwischen aus Osteuropa. Um Straftaten wie Menschenhandel oder Zwangsprostitution vorzubeugen, fordert die Münchner Polizei deshalb schärfere Gesetze. Regelungen wie eine gewerberechtliche Überwachung von Bordellen, wie sie gerade im Zuge der Überarbeitung des Prostitutionsgesetzes aus dem Jahr 2002 auf Bundesebene diskutiert werden, gehen dem Präsidium aber nicht weit genug. Die Münchner Ermittler verlangen unter anderem, dass das Mindestalter von Prostituierten von 18 Jahren auf 21 Jahre angehoben wird. Außerdem sollen Bordellbetreiber Prostituierten keine Anweisungen mehr geben dürfen.

Nach bisher unveröffentlichten Zahlen des Präsidiums gibt es in München 178 Betriebe, in denen Prostitution angeboten wird - also Bordelle, Laufhäuser oder auch SM-Studios - und neun sogenannte Anbahnungszonen. Die größten Rotlichtbezirke befinden sich beim Euro-Industriepark und am Stahlgruberring.

Im Jahr 2012 zählten die Ermittler vom zuständigen Kommissariat 35 insgesamt 2760 Prostituierte. Das sind mehr als doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren. "Und das sind nur die erfassten Frauen, wie hoch die Dunkelziffer ist, wissen wir nicht", sagt Sprecher Werner Kraus. Nur 21 Prozent der Prostituierten sind heute Deutsche, vor zehn Jahren waren es noch etwa 75 Prozent.

Gesetz verbesserte Position von Zuhältern

Die Münchner Polizei betont, dass es in der Stadt im Vergleich zu anderen Großstädten wie Berlin oder Hamburg wenig Kriminalität im Rotlichtmilieu gibt. Trotzdem seien die Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes aus dem Jahr 2002 problematisch.

Die rot-grüne Bundesregierung setzte damals durch, dass Prostitution juristisch nicht mehr als sittenwidrig galt: Die Frauen in Bordellen und auf dem Strich dürfen sich seitdem sozialversichern, sie bekommen Arbeitsverträge und können ihren Lohn einklagen.

Was den Schutz der Prostituierten erhöhen und den Ausstieg aus dem Gewerbe erleichtern sollte, hat nach Ansicht zahlreicher Experten aber vor allem die Position von Zuhältern gestärkt. Durften etwa Bordellbetreiber früher Prostituierten überhaupt keine Vorschriften machen, haben sie nun ein eingeschränktes Weisungsrecht - zum Beispiel bei Arbeitszeiten oder Preisen.

"Prostituierte können mehr ausgebeutet werden, weil der Nachweis der Ausbeutung für die Ermittler viel problematischer ist", klagt Kraus. Weil die Polizei früher auch mehr Befugnisse zu Kontrollen von Betrieben hatte, seien nun Nachforschungen bei Verdacht auf Menschenhandel und Zwangsprostitution schwieriger.

Probleme mit Menschenhandel

Das auf Bundesebene diskutierte Gesetz sieht nun strengere Kontrollen für Bordelle und schärfere Strafen für Menschenhandel vor. Die Gewerbeämter sollen künftig Prostitutionsbetriebe genehmigen und einen positiven Bescheid auch davon abhängig machen, dass nicht gegen die Interessen der Prostituierten verstoßen wird.

Das Münchner Präsidium fordert darüber hinaus, das Direktionsrecht von Bordellbetreibern wieder einzuschränken. Um angesichts der Menge an Frauen, die aus Osteuropa kommen und in München auf den Strich gehen, Menschenhandel und Zwangsprostitution wirksamer zu unterbinden, soll das Mindestalter für Prostituierte 21 Jahre betragen. "In diesem Alter sind die Frauen wesentlich reifer und lassen sich nicht so leicht von Versprechungen in die Prostitution locken", sagt Kraus.

Zudem wünschen sich die Ermittler mehr Befugnisse bei der Telefonüberwachung. Die jüngsten Zahlen zu der Problematik stammen aus dem Jahr 2011, damals zählten die Ermittler in München zwölf abgeschlossene Fälle von Menschenhandel und vier von illegaler Zuhälterei. Bundesweit geht der Trend laut Polizei dahin, Frauen in kurzen Abständen von Bordell zu Bordell und Stadt zu Stadt zu schicken. So seien Zwang und Menschenhandel noch schwerer nachzuweisen.

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Quelle:
SZ vom 21.08.2013
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