Süddeutsche Zeitung

Polizeieinsatz in Pasing:Schäfchen im Bordell

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Von Martin Bernstein

Den Kripobeamten des Kommissariats 35, die sich üblicherweise mit Menschenhandel beschäftigen, sagt man im Münchner Polizeipräsidium nach, dass ihnen nichts Menschliches fremd sei. Und manchmal auch nicht Tierisches: Bei der Kontrolle in einem Pasinger Bordell trafen die Polizisten am Montag neben einer Marihuana konsumierenden Prostituierten auch ein Lämmchen auf der Stube an. Ein Tippgeber aus dem Milieu hatte die Beamten auf das ungewöhnliche Gespann aufmerksam gemacht.

Während die Identität des Jungschafs rasch geklärt war (Name: "Birke", Alter: drei Wochen) und auch das Marihuana von einem Spürhund schnell erschnüffelt wurde, gestaltete sich die Personalienfeststellung der Prostituierten schon schwieriger. Das begann mit dem Geschlecht der kontrollierten Person. Um sich auszuweisen, kramte die Dame schließlich ein amtliches Dokument hervor - es war ein Bescheid des Veterinäramts von Schwelm in Nordrhein-Westfalen. In dem Schreiben enthalten waren mehrere Auflagen wegen zurückliegender Verstöße gegen das Tierschutzgesetz.

Die Polizisten päppelten das Tier erstmal auf

Die Beamten reagierten sofort und brachten "Birke" erst einmal aus der Gefahrenzone. "Aufgrund der Gesamtumstände der Haltung des Schafes", wie ein Polizeisprecher es am Mittwoch formulierte, verboten sie der 25-jährigen Prostituierten mit sofortiger Wirkung die weitere Tierhaltung.

Das Lämmchen und sein Frauchen wurden danach erst einmal aufs Kommissariat gebracht. Dort fühlte sich "Birke" nach Auskunft der Münchner Kriminalpolizisten sichtlich wohl. Allerdings knurrte dem kleinen Schaf vernehmbar der Magen. Eine Beamtin fütterte "Birke" daraufhin per Flasche, ehe das Tier zur artgerechten Betreuung dem Tierschutzverein übergeben wurde. Vorausgegangen waren telefonische Abstimmungen mit dem Münchner Kreisverwaltungsreferat und dem Schwelmer Veterinäramt. "Birke" wohnt jetzt vorerst im Münchner Tierheim, wie fast alle Tiere, die von der Polizei wegen tierquälerischer Haltung oder bei illegalen Tiertransporten beschlagnahmt werden.

Nachdem auch die Personalien der gebürtigen Coesfelderin geklärt waren, wurde die Prostituierte wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen. Die Ermittlungen dauern nach Auskunft aus dem Polizeipräsidium an.

Und Lämmchen "Birke" muss sich möglicherweise an einen neuen Namen gewöhnen. Dem Vernehmen nach wird es inzwischen "Hurz" gerufen. Hurz? Nach Hape Kerkeling, natürlich: "Und das Lamm schrie: Hurz!" Ein Schelm, wer anderes dabei denkt.

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Quelle:
SZ vom 21.05.2015
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