Süddeutsche Zeitung

Freie Kunstszene München:Leben mit den Geldsorgen

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Wie geht es freien Künstlern in München? Wie können sie sich finanziell über Wasser halten? Szenevertreterinnen suchen bei einer Podiumsdiskussion nach Antworten - ein Fazit: Austausch ist wichtig.

Von Henriette Busch

Laut einer Studie des "Berufsverbands bildender Künstler*innen München und Oberbayern" lebten Münchens bildende Künstler 2019 von durchschnittlich 962 Euro im Monat. Die bildende Kunst ist natürlich nur einen Teil der freien Kunstszene. Deren finanzielle Situation war kürzlich Thema einer Podiumsdiskussion in der Monacensia im Hildebrandhaus.

Moderiert von Lara Wüster, Leiterin des Turtle Magazin(e)s, diskutierten die bildende Künstlerin Gabi Blum, die Autorin Dana von Suffrin und die freie Autorin und Dramaturgin Raphaela Bardutzky gemeinsam mit dem Publikum über fehlende Fördergelder, schwierige Honorarforderungen und Vernetzungsmöglichkeiten.

Ein Problem der freien Szene in München sei laut Blum die Kreativwirtschaft. Die Stadt fördere vorwiegend ihre Hochkultur, obwohl viel mehr Menschen die Subkultur nutzen würden. Letztere müsse die Stadt laut Blum kontinuierlicher unterstützen, eine einmalige Förderung reiche Freien Künstlern im Gegensatz zu jungen kreativen Unternehmen nicht, um ihre Arbeit dauerhaft tragbar zu machen. "Die Stadt schmückt sich mit ihren Künstlern", sagt auch von Suffrin, während Bardutzky ergänzt, dass die Förderung der Kulturszene insbesondere dazu diene, Unternehmen und Arbeitnehmer nach München zu locken.

Tipps zur finanziellen Absicherung, um sich und die eigene Arbeit nicht dem kapitalistischen Markt anpassen zu müssen, sieht Blum in Förderungen, Stipendien und der Beratung durch Dachverbände. Die gelernte Grafikerin empfiehlt auch eine abgeschlossene Ausbildung auf die man in finanziell schweren Zeiten - etwa ausgelöst durch Krankheit oder Familiengründung - zurückgreifen könne.

Jungen Berufseinsteigern, insbesondere Frauen, müsse zudem vermittelt werden, sich nicht unter Wert zu verkaufen. "Man sollte immer Buch führen, was man für wen arbeitet", empfiehlt auch eine Autorin aus dem Publikum. Denn ein großes Problem freier Künstler ist unbezahlte Arbeitszeit. So würde Bardutzky "irgendwie immer arbeiten" und von ihr als Theaterautorin würden viele schlecht bezahlte Zusatzleistungen erwartet. Ein rheinland-pfälzisches Theater habe ihr für eine Podiumsdiskussion und eine Lesung eine Vergütung von 100 Euro angeboten. "Die kamen sich damit sehr zuvorkommend vor", so Bardutzky. Um potenzielle Arbeitgeber nicht zu verärgern, fielen ihr und anderen freien Künstlern Nachverhandlungen jedoch schwer.

Um dem entgegenzuwirken solle es über Dachverbände festgelegte Honorare für Zusatzleistungen geben. Sie selbst hat 2016 ein Netzwerk für Münchner Theatertexter gegründet. Diese Zusammenarbeit habe in den vergangenen Jahren viel verändert, gemeinsam habe man höhere Autorenhonorare festgesetzt. Liegt in der Vernetzung also die Lösung? Austausch ist hilfreich, darin sind sich alle Diskutierenden einig. Auch wenn die eigentliche künstlerische Arbeit weiterhin allein stattfindet.

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