Süddeutsche Zeitung

Pinakothek der Moderne:Wunder im Umlauf

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Die Neue Sammlung hat den Designer Werner Aisslinger eingeladen, die Paternosterhalle in der Pinakothek der Moderne in ein "House of Wonders" zu verwandeln.

Von Evelyn Vogel

Der Mensch liebt die Natur. Und vor etlichen Jahren schien der urbane Mensch sich in den eigenen vier Wänden geradezu mit einem Dschungel zu umgeben - jedenfalls wenn man populären Design- und Architekturmagazinen glauben durfte. Doch seit den Nullerjahren liebt der Mensch es puristisch weiß, verbannt die Natur immer mehr aus seinem unmittelbaren Wohnungsumfeld. Fast muss man sich wundern, wenn hier und da noch eine singuläre Grünpflanze auftaucht - dekorativ hervorgehoben, aber nicht Teil des lebendigen Alltags.

Der deutsche Designer Werner Aisslinger, der immer für eine Überraschung gut ist, bringt Leben und Natur auf eine Art zusammen, die mehr als überraschend ist. Er lässt die Möbel förmlich aus der Natur wachsen. Und auch das ist nur ein Teil seiner Praxis, die auf der Idee des Materialtransfers basiert sowie auf der Frage, wie das Leben und Arbeiten von morgen aussieht.

Was braucht der Mensch für seine Wohn- und Arbeitswelten von morgen? Wie kann man mit neuen Materialien, die beispielsweise aus der Autoindustrie, der Medizin oder den Biowissenschaften stammen, diesen Bedürfnissen und Wünschen Rechnung tragen? In Aisslingers Entwürfen spielen ökologische Strukturen und Nachhaltigkeitsthemen eine Hauptrolle.

Die Neue Sammlung hat den 1964 in Nördlingen geborenen, in Berlin lebenden Designer eingeladen, die Paternosterhalle in der Pinakothek der Moderne in den kommenden zehn Monaten zu bespielen. Aisslinger wird sie mit einer ortsspezifischen Installation in ein temporäres und interaktives "House of Wonders" verwandeln. Auf den Paternosteraufzügen fahren Pop-Up-Module durch den Raum, die den sich ständig wandelnden Wohn- und Arbeitssituationen Rechnung tragen.

Drum herum gibt es "Micro-Farming"-Projekte, die aufzeigen, wie individuell benötigte Nahrung und Möbel in Zukunft produziert werden könnten. Und nicht zuletzt hinterfragt Aisslinger auch das Verhältnis des Menschen zu digitalen Technologien im Hinblick auf Gestaltung und Emotion.

Werner Aisslinger ist nach Konstantin Grcic der zweite viel beachtete und ausgezeichnete Designer, der sich mit der doppelstöckigen und von einer Galerie einsehbaren sowie durch zwei Paternosteraufzüge charakterisierten Halle auseinandersetzt. Die Neue Sammlung will mit dieser Reihe von verschiedenen Designerpersönlichkeiten auch einen fortwährenden Diskurs über Ausstellungsmöglichkeiten im Museum anstoßen.

Werner Aisslinger. House of Wonders, Die Neue Sammlung, Paternosterhalle in der Pinakothek der Moderne, Barer Str. 40, Eröffnung: Do., 10. Nov., 19 Uhr, bis 17. September 2017, Di.-So., 10-18 Uhr, Do. bis 20 Uhr, 089/23805 60

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Quelle:
SZ EXTRA vom 10.11.2016
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