Süddeutsche Zeitung

Pestalozzistraße im Porträt:Eine Straße, viele Welten

Mehr Gegensätze kann es in einer Straße kaum geben: Bar und Friedhof, historisches Klohäuschen und renoviertes Büro. Wer in der Pestalozzistraße wohnt, isst oder feiert, lernt viele Milieus kennen. Ein Porträt in Bildern.

Von Benedikt Laubert

Mehr Gegensätze kann es in einer Straße kaum geben: Bar und Friedhof, historisches Klohäuschen und renoviertes Büro. Wer in der Pestalozzistraße wohnt, isst oder feiert, lernt viele Milieus kennen. Ein Porträt in Bildern. An ihrem Nordende sieht man der Pestalozzistraße an, dass sie Teil des Glockenbachviertels ist: Kaum ist die Sonne untergegangen, ziehen Scharen von Feierwilligen von Bar zu Bar und besuchen etwa die Schwulen-Kneipe "Edel Heiss". Doch der erste Eindruck trügt.

Auch das ist die Pestalozzistraße: Der Duft von Bärlauch, Gräser und Farne, die sich unter Buchen und Linden um Gräber ranken - Ruhe. Der Alte Südfriedhof grenzt an den Südteil der Pestalozzistraße und gibt ihr ein zweites gänzlich anderes Gesicht.

Doch der Reihe nach. Die Reise geht vom Norden, nahe des Sendlinger Tors, in den Süden der Pestalozzistraße. Helle Büros, Wohnungen und viele Bars dominieren den Nordteil, viele sind renoviert und herausgeputzt. Das Straßenbild ist geprägt von Autos. Barbetreiber und Anwohner stören sich an dem regen Verkehr - viele wollen aber selbst nicht auf ihr Auto verzichten.

Blues, Country oder auch mal Rock 'n' Roll: Die Bar "Zum Wolf" ist eine der bekanntesten in der Straße und daher fast jeden Abend gesteckt voll. Zahllose Bilder von Blueslegenden hängen hier an der Mustertapete, Lampions sind Teil der Beleuchtung. Hier führt man mit Leidenschaft gute Gespräche, heißt es. Im Bild: Wolfgang Zeilnhofer-Rath, einer der drei Betreiber. 

Anderes Ambiente, andere Klientel: Das rustikale Bier-Stüberl sticht heraus unter den Bars und Cafés am oberen Ende der Straße.

Im Itxaso gibt es Wein und Pintxos (das sind baskische Tapas). Manche sagen, es handle sich um das vielleicht spanischste Tapas-Lokal in München. An der bunt gekachelten Theke geht es munter zu, einige Gäste unterhalten sich auf Spanisch. Über Besuchermangel können sich die Inhaber des Lokals nicht beklagen.

Nach einem Drittel des Weges sieht die Pestalozzistraße auf einmal anders aus. Sie öffnet sich zum Holzplatz, der wegen eines denkmalgeschützten Klohäuschen für mächtig Wirbel gesorgt hat. Hier endet die Café- und Party-Zone. Eines der letzten Cafés, auf die man beim Gang nach Süden trifft, ist das "Tabula Rasa". Es hebt sich ab von den Angeboten am oberen Ende der Straße, die vor allem Yuppies anziehen. Cappuccino und Lasagne gibt es hier zu moderaten Preisen, täglich stehen neue, selbstkreierte Speisen auf der Karte. 

Magarete Vila, ursprünglich Fotografin, ist die Inhaberin des "Tabula Rasa". "In der Pestalozzistraße gibt es so viele Gräben zwischen den Gruppen, die sie benutzen", sagt sie während sie einen Kuchen aus dem Ofen holt. Sie wünscht sich mehr Gemeinschaft in der Straße. Wie die herzustellen sei? "Auf dem Holzplatz, der die Pestalozzistraße mit dem übrigen Glockenbachviertel verbindet, sollten weniger Autos stehen. Dann können sich dort mehr Leute aufhalten, vielleicht auch Familien mit Kindern, die es hier im Viertel manchmal nicht leicht haben." Auf dem Holzplatz gibt es aber noch ganz andere Vorhaben.

Seit 30 Jahren ist dieses denkmalgeschützte Klohäuschen geschlossen, jetzt soll dort ein Kiosk einziehen. Viele Anwohner wollen aber kein Geschäft in dem "Pissoir", wie sie es nennen, und haben eine Initiative ins Leben gerufen. Überall an der Pestalozzi- und an den umliegenden Straßen...

...haben Geschäftsinhaber und Anwohner Plakate aufgehängt, auf denen sie fordern, das "Pissoir" baulich nicht zu verändern. Interessierte können sich auf Facebook über die Initiative informieren.

Dieser Innenhof befindet sich in der Nähe des Holzplatzes und markiert das Ende des schicken nördlichen Abschnittes. Hier beginnt der mittlere Straßenteil, den vergleichsweise marode und triste Fassaden säumen.

Die Gebäude hier sind überwiegend funktional gehalten - die Mieten dürften dafür aber preiswerter sein als im gentrifizierten Norden der Pestalozzistraße.

Doch die Ausnahmen bestätigen die Regel: Auch im südlichen Teil der Straße gibt es prunkvollere Gebäude.

Ebenfalls südlich des Holzplatzes: ein Kindergarten. Er liegt etwas abgelegen zwischen Pestalozzistraße und dem Alten Südfriedhof. Apropos Kinder: Ihren Namen hat die Straße vom Schweizer Pädagogen und Sozialreformer Johann Heinrich Pestalozzi, der von 1746 bis 1827 lebte. Die Straße erhielt allerdings erst 1897 ihren Namen.

Ein paar Häuser noch, dann betritt man den dritten Teil der Straße, in dem es keine Gebäude gibt - nur noch Grün, Straße und die Mauer des Friedhofs sind zu sehen.

Ein kleiner Wald an der Ostseite der Straße säumt den Westmühlbach. Das Wasser war weiter oben nicht zu sehen, weil es dort unterirdisch als Glockenbach weiterfließt.

Am Südende mündet die Pestalozzi- in die Isartalstraße. Kurz vor dem Ende geht ein Weg rechts ab zum historischen Friedhof, auf dem Persönlichkeiten wie der Physiker Joseph von Fraunhofer und der Philosoph Franz Xaver von Baader begraben liegen.

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