Süddeutsche Zeitung

Paläontologie:So spannend wie die Suche nach Gold

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Der Tierarzt Burkhard Pohl besitzt einzigartige Fossilien, eine Ranch in Wyoming und ein eigenes Dino-Museum. Was treibt einen Menschen an, nach Überresten vergangener Zeiten zu graben?

Von Johanna Pfund

Burkhard Pohl ist ein Sammler. Einer im altmodischen Sinne, wie er sagt, einer, den die Vollständigkeit interessiert und der sich nicht nur auf teure Schaufensterexponate konzentriert. In der Tat wirkt er wie der Mann von nebenan, mit Schnauzbart, Karohemd und Händen, die aussehen, als würde er oft im Garten arbeiten. Doch der Mann, der so unprätentiös erscheint, hat sein Leben nicht einem Garten, sondern der Urzeit verschrieben. Der 62-Jährige hat Stücke in seiner Sammlung, die jeder ambitionierte Steinsucher schön finden würde, Ammoniten etwa. Pohl besitzt aber auch kostbare Stücke, zum Beispiel einen Archaeopteryx, eines von weltweit nur zwölf bekannten Exemplaren. Außerdem hat er ein Museum in Wyoming samt Ranch.

Das Sammeln auf hohem Niveau liegt in der Familie. Sein Großvater Karl Ströher, Miterbe des Kosmetik-Unternehmens Wella, sammelte Kunst und avancierte zu einem der wichtigsten Pop-Art-Sammler, als er 1967 die Kollektion von Leon Kraushar übernahm - mit Werken von Andy Warhol, Claes Oldenburg und Roy Lichtenstein. Einen Teil erwarb später die Stadt Frankfurt und legte damit den Grundstein für das Museum für Moderne Kunst (MMK).

Ströhers Tochter Erika Pohl-Ströher konzentrierte sich auf das Sammeln von Mineralien, ihr Sohn Burkhard Pohl wiederum begeistert sich für Fossilien. "Schon mit fünf Jahren hab ich in den Ferien in der Schweiz Ammoniten aus dem Stein gemeißelt", erzählt er. Weiter ging es in der Heimat in der Grube Messel nahe Darmstadt. Der stillgelegte Ölschiefer-Tagebau ist für seine Fossilien aus dem Eozän bekannt.

Was aber treibt einen Menschen an, ständig nach Überresten vergangener Zeiten zu suchen, obwohl er kein Paläontologe ist? "Das Suchen ist spannend, das ist wie Goldsuchen", sagt Pohl. "Man findet etwas, das 160 Millionen Jahre im Boden lag, und je mehr man findet, um so besser kann man sich vorstellen, wie die Lebensumstände waren."

Das Gelände bei Messel fasziniert den Fossiliensammler zwar immer noch, doch hat er seinen Grabungs-Radius deutlich erweitert. Vor 25 Jahren sicherte er sich einen Platz inmitten einer der weltweit wichtigsten Fundregionen: Über einen Makler erwarb er eine Ranch in Thermopolis, Wyoming, wo wie in Montana oder South Dakota viele geologische Formationen zugänglich sind. "Entsprechend findet man dort auch viele verschiedene Dinosaurier", erklärt Pohl. Auf seiner Ranch gräbt er, lässt graben und hat 1995 überdies ein Dino-Museum eröffnet. "Das ist ein bisschen handgestrickt, aber wir arbeiten immer mit Paläontologen zusammen."

Denn verstecken will Pohl seine Stücke nicht, wie er betont. "Die meisten Sammler sind froh und stolz, wenn sie einem Paläontologen etwas vorlegen können, sie wollen ja wissen, was es ist." Seit mehr als 40 Jahren, erzählt Pohl, arbeite er mit dem Senckenberg-Museum in Frankfurt zusammen. Dabei war er es, der 2001 einen Archaeopteryx erwarb, an dem auch das Museum interessiert war. Doch das Museum konnte den geforderten Preis in einstelliger Millionenhöhe nicht zahlen. Das Stück wird nun meist in Pohls "Wyoming Dinosaur Center" ausgestellt.

Das Verhältnis zwischen privaten Sammlern und öffentlichen Institutionen ist nicht immer einfach - in den USA häufig spannungsreich. Aus Pohls Sicht unnötigerweise. "Das Senckenberg-Museum hat viele meiner Stücke beschrieben", sagt er, den Zugang zu seiner Sammlung, deren genaue Stückzahl er nicht nennt, hat er also gewährt. Um die Verwaltung der Sammlung und Verkäufe kümmert sich seine Firma Interprospekt AG, die anfragenden Wissenschaftlern Zugang nach eigens aufgestellten Regeln erlaubt. "Diese müssen begründen, was sie vorhaben", sagt Pohl. Es sollten ja nicht zwei Studien zum selben Thema entstehen, so sein Argument.

Momentan sind Stücke aus Pohls Sammlung in der Ausstellung "Haie der Urzeit" im Sauriermuseum Aathal zu sehen, ebenso im Dinosaurier-Museum Altmühltal. Vielleicht reisen die Haie weiter zu einer Schau in die USA. Dorthin geht es für Pohl nun auch wieder. Im Sommer steht Montana auf dem Programm, Saurier suchen.

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Quelle:
SZ vom 18.05.2018
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