Süddeutsche Zeitung

Offener Brief:Mehr Entschlossenheit

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Grüne fordern von OB Dieter Reiter ein stärkeres Engagement für die Seenotrettung

Von Heiner Effern

Die Grünen werfen in einem offenen Brief Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) vor, sich nicht ausreichend für München als "sicheren Hafen" für Flüchtlinge einzusetzen. Im Juli war die Stadt, auch mit Zustimmung der SPD, dem Bündnis von mehr als 100 Kommunen beigetreten, das auf See geretteten Menschen eine neue Heimat bieten will. Reiter solle den Beschluss ernst nehmen und "nicht zu einem Lippenbekenntnis verkommen" lassen, heißt es in dem Schreiben der Rathaus-Fraktion. Der Oberbürgermeister solle sich endlich öffentlich gegen die Kriminalisierung der Helfer auf den Meeren positionieren. Diese Zusage habe Reiter "bis heute nicht umgesetzt", steht in dem Brief. Sein Handeln wird als halbherzig gescholten. "Die nötige Entschlossenheit sind Sie und ist die Stadt nach unserem Dafürhalten bisher schuldig geblieben." Die Grünen wollen schnell eine politische Initiative des Rathauschefs im Bund, da sie aufgrund jüngster Äußerungen von Innenminister Horst Seehofer (CSU) ein günstiges Zeitfenster dafür sehen. Für die Aufnahme von aus Seenot geretteten Flüchtlingen müssen Bundesgesetze geändert werden.

Zudem fragen sich die Grünen, wo eine weitere Beschlussvorlage zur Seenotrettung bleibt. Sie hätten in einem Antrag konkrete weitere Schritte der Stadt verlangt, die Reaktion der Verwaltung sei für September versprochen gewesen. Die Fraktion hatte Reiter aufgefordert, Druck in Berlin zu machen und eine Initiative zur Gründung eines europäischen Bündnisses "Sicherer Häfen" anzustoßen. Die Grünen formulieren in ihrem Brief auch noch neue Forderungen. München solle etwa noch dieses Jahr die mehr als 100 deutschen Kommunen, die sichere Häfen sein wollen, einladen und so ein Zeichen setzen. "Ein weiterer Aufschub ist in keinem der genannten Fälle angesichts der auch 2019 täglich steigenden Zahl von Todesopfern im Mittelmeer mehr vertretbar."

Die Stadt hatte sich erst im Juli zu einem sicheren Hafen erklärt, da sich die SPD vorher geweigert hatte und so keine Mehrheit zum Beitritt in das Bündnis zustande gekommen war. Die Sozialdemokraten hatten auf die fehlenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten zur Hilfe verwiesen, jedoch Initiativen für eine finanzielle Hilfe für aus Seenot gerettete Flüchtlinge ergriffen. Im Juli änderte die Fraktion ihre Haltung nach Gesprächen mit der Seebrücke und "intensiver" Diskussion. "Wir dürfen nicht wegschauen, wenn im Mittelmeer Menschen ertrinken", sagte Stadträtin Anne Hübner, die den folgenden SPD-Antrag im Stadtrat für einen Beitritt zum Bündnis initiiert hatte.

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Quelle:
SZ vom 09.10.2019
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