Süddeutsche Zeitung

Öffentlicher Nahverkehr:Ein bisschen freie Fahrt für Münchens Busse

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Die Frage nach eigenen Fahrspuren ist politisch heikel - denn dies ginge zulasten von Autos. Nun hat der Stadtrat neun Projekte beschlossen.

Von Andreas Schubert, München

Etwa 204 Millionen Fahrgäste haben im vergangenen Jahr die Linienbusse der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) genutzt. In den kommenden Jahren dürften es noch mehr werden. Weil aber Staus die Busse immer wieder ausbremsen, sind Verspätungen in der Hauptverkehrszeit eher die Regel denn die Ausnahme. Schon länger setzt sich die MVG dafür ein, dass auf Münchens Straßen mehr Spuren nur für Busse vorgesehen werden. Eine Liste mit rund 50 Vorschlägen liegt seit Längerem vor. Am Dienstag hat der Stadtrat immerhin neun Maßnahmen beschlossen, die den Busverkehr beschleunigen sollen. Bis zum Jahr 2024 sollen zudem 90 Prozent der Ampeln so geschaltet werden, dass sie Bussen Vorrang gewähren.

Die Punkte halten Stadtverwaltung und MVG für nötig, um das wachsende Verkehrsaufkommen relativ rasch aufzufangen. Das geht nur mit Bussen, denn neue U- und Trambahnlinien zu bauen, dauert viele Jahre. Doch das Thema Busspuren ist heikel; neue hat der Stadtrat bislang nur zögerlich beschlossen, um den Autoverkehr nicht zu sehr einzuschränken. Fraktionsübergreifend hieß es am Dienstag im Stadtrat, ein erster Schritt sei getan. Weitere Schritte wie die Priorisierung zusätzlicher Busspuren sollen von Stadträten und Experten bis 2020 ausgearbeitet und dann vom Stadtrat beschlossen werden.

Das Münchner Busliniennetz ist derzeit 505 Kilometer lang. Davon sind nur 10,7 Kilometer reine Busspuren, auf weiteren 12,2 Kilometern teilen sich die Busse die Strecke mit der Tram. Der Anteil von Busspuren am Straßennetz beträgt nur 0,5 Prozent, dieser Anteil soll nun langsam erhöht werden. In den nächsten zweieinhalb Jahren soll Folgendes passieren:

Brudermühlstraße: Der Expresslinie X30 und dem Stadtbus 54 entstehen hier bis zu acht Minuten Verspätung je Fahrtrichtung. Künftig sollen Busse, die von Osten kommen, an der Kreuzung zur Schäftlarnstraße bis zur Ampel vorfahren können. Dazu müssen eine Verkehrsinsel umgebaut und die bestehende Rechtsabbiegespur verbreitert werden. Die Ampelschaltungen werden so angepasst, dass der Verkehr auch in Richtung Osten flüssiger fließt.

Friedenheimer Brücke: Sie wird vom Metrobus 62 überquert, künftig soll hier auch der X30 verkehren. Die durchschnittliche Verspätung liegt hier bei 45 Sekunden, weshalb nun eine Busspur Richtung Süden geplant ist. Dafür entfallen alle 59 Parkplätze auf der Brücke. Der Taxistand kommt nach Norden vor das Hotel an der Brücke.

Allacher Straße: Auf bis zu 7,5 Minuten summieren sich die Verspätungen der Linien 164 und 165. Deshalb sollen auf der Südseite der Allacher Straße die Parkplätze gestrichen werden und eine Busspur zwischen Amboss- und Netzerstraße entstehen. Ob dauerhaft oder nur zwischen 6.30 und 20 Uhr, ist noch zu prüfen. Die Stellplätze auf der Nordseite der Straße sowie die zwei Fahrspuren je Richtung sollen erhalten bleiben.

Luise-Kiesselbach-Platz: Weil sich in der Rush-Hour die von Süden kommenden Linksabbieger Richtung Waldfriedhofstraße stauen, kommt der Bus 63 nur schlecht durch und braucht im Schnitt eine Minute länger. Deshalb soll eine zusätzliche Fahrspur Richtung Norden entstehen.

Corneliusstraße: Zwischen Gärtnerplatz und Baaderstraße ist die Corneliusstraße so schmal, dass entgegenkommende Busse (Linien 52 und 62) nicht aneinander vorbei kommen. Trotz des hohen Parkdrucks will die Stadt nun prüfen lassen, ob Stellplätze in Lieferzonen umgewandelt werden können, sofern dies den Busverkehr merklich beschleunigt.

Bergsonstraße: Zwischen der Straße An der Langwieder Haide und der Bertha-von-Suttner-Straße in Obermenzing verlieren die Busse 56 und 143 im Schnitt 74 Sekunden, weil sie nicht so einfach an parkenden Autos vorbeikommen. Jetzt wird geprüft, Parkplätze zu streichen.

Schellingstraße: Zwischen Türken- und Barerstraße verlieren die Linien 153 und 154 im Schnitt 95 Sekunden. Grund ist der starke Lieferverkehr, der auf der Fahrbahn stehen bleibt. Jetzt sollen hier neue Lieferzonen entstehen.

Moosacher Straße: Vor dem Knoten Lerchenauer Straße staut es sich regelmäßig, die Folge: Bis zu acht Minuten Verspätung für die Linie 50. Künftig soll hier auch der Expressbus X50 fahren. Deshalb will die Stadt versuchsweise die Ampelschaltungen ändern, um den Stau zu reduzieren.

Prinzregentenstraße: Die Museenlinie 100 kommt wegen häufiger Staus auf bis zu zwölf Minuten Verspätung. Auch hier will die Stadt neue Ampelschaltungen prüfen.

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Quelle:
SZ vom 17.10.2018
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