Süddeutsche Zeitung

Null Acht Neun:Ein Quantum Show

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Neulich trafen sich die Bundeskanzlerin und der Ministerpräsident an einem geheimnisvollen Ort, dem Munich Quantum Valley. Das liegt nicht weit weg vom Space Valley und dem Open Space

Glosse von Ulrike Heidenreich

Diese Woche gab es ein Treffen von ziemlich berühmten Menschen an einem geheimnisvollen Ort. Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin, und Dr. Markus Söder, Ministerpräsident, gaben sich die Ehre im Munich Quantum Valley. Die Adresse auf der Einladung irritierte: Hans-Kopfermann-Straße 1. Das hört sich so gar nicht weltläufig an. Da hätte man sich etwas Klangvolleres wie Bay Boulevard oder Sunnyvale Street erwartet, irgendetwas, das mit der Assoziation Silicon Valley harmonierte.

Aber das kennt man ja vom Herrn Söder, immer eine Nummer größer bitte, wenn's um Bayern geht, und wenn's um ihn geht sowieso. Als neulich das erste Gebäude eines riesigen Campus für Luft- und Raumfahrttechnik im Münchner Süden eröffnet wurde, sprach der Ministerpräsident fast schon penetrant von einem Space Valley. Unbemannte Flugobjekte der TU München landen demnächst also in the Middle of Ottobrunn.

Noch mal zurück zum Munich Quantum Valley. Hier in Garching ist der Sitz des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik, daher der Name. Die Physikerin Merkel zeigte sich beim Besuch schwer begeistert von der Arbeit mit den Quantencomputern dort. Der Jurist Söder versteht nicht ganz so viel von dieser Materie, entdeckte aber wortreich den Standort der Zukunft Deutschlands im globalen Wettbewerb, genau, hier im Valley.

In Zeiten, in denen Münchnerinnen und Münchner mühsam wieder ganz normal laufen lernen und verstehen müssen, dass es nicht mehr Mobility heißt, wenn sie über den Trottoir von A nach B latschen, gibt die Sache im Valley Weltläufigkeit zurück. Sie gibt das Gefühl, weiterhin Teil eines großen polyglotten Ganzen zu sein. Die Internationale Automobilausstellung, umgetauft auf IAA Mobility, ist nun schon eine Woche vorbei, doch sie hat tiefe Spuren hinterlassen.

Man muss sich daran gewöhnen, nicht mehr auf einer Blue Lane unterwegs sein zu dürfen. Sondern dass dieser Trail, der von Klebestreifen gesäumt war und in einer Sackgasse endete, wieder langweilig Von-der-Tann-Straße oder Oskar-von-Miller-Ring heißt. Auch die Open Spaces haben ihre verheißungsvollen Namen verloren, sind über Nacht zum Odeonsplatz und Max-Josephplatz geworden.

Ob Valleys und Lanes den Horizont erweitern, sei am Ende dahingestellt. Ein Quantensprung bedeutet, anders als das Wort im Sprachgebrauch verwendet wird, keinen ungewöhnlich großen Fortschritt, sondern ist physikalisch wegen seiner nur sehr geringfügigen Auswirkungen äußerst schwer zu beobachten.

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Quelle:
SZ vom 18.09.2021
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