Süddeutsche Zeitung

Neues Stadtquartier:Diese Probleme wirft der Umbau der Bayernkaserne auf

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Von Stefan Mühleisen

Apartments statt Notunterkünfte: Die 850 Plätze im Kälteschutzprogramm für Obdachlose in der ehemaligen Bayernkaserne werden in wenigen Jahren wegfallen, doch noch hat die Stadt keinen Ersatz. Nun mahnt Rudolf Stummvoll, der Leiter des Amtes für Wohnen und Migration: "Wir werden schon bald eine Antwort brauchen auf die Frage, wo es Platz für solche Notunterkünfte gibt." Die Größenordnung von 850 Menschen, so sagt Stummvoll, "die schüttelt man nicht aus dem Ärmel". Die Weichen für die Zukunft des früheren Kasernengeländes werden zum Jahresende neu gestellt: Das weitläufige, 48 Hektar große Gebiet in Freimann wird nicht länger in erster Linie ein Komplex für die Unterbringung von Flüchtlingen sein; die Regierung von Oberbayern löst ihre Erstaufnahmeeinrichtung dort auf. Und bei der Stadt laufen die Vorbereitungen für den Bau eines neuen Quartiers an. 4000 Wohnungen sollen dort einmal entstehen. Neben diversen Asyl-Unterkünften ist in einem u-förmigen Gebäude im Südwesten des Geländes auch der städtische Kälteschutz untergebracht.

Im Winter 2012/2013 hatte die Stadt erstmals in großem Umfang Schlafplätze bereitgestellt, damit mittellose Menschen nicht bei Minus-Temperaturen im Freien übernachten müssen. Die schlichten Räume im Haus 12 auf dem Bayernkasernen-Gelände sind täglich von 17 bis 7 Uhr geöffnet.

Die Nachfrage schwankt, je nachdem, ob die Temperaturen mild oder zapfig sind. Im November 2015 baten laut einem städtischen Bericht 8149 Personen um einen Schlafplatz, im März 2016 waren es 15 954. In diesem Winter wird das Programm für Obdachlose bis zum 30. April zur Verfügung stehen.

Die Schließung der Anlage ist nur noch eine Frage der Zeit. Längst hat der Stadtrat beschlossen, dass die alten Kasernenbauten neuen Wohnungen weichen sollen. Im Kommunalreferat haben die Mitarbeiter bereits einen groben Abrissplan aufgestellt. Im Jahr 2019 sollen die ersten Neubauten emporwachsen, 2020 und 2021 die ersten Bewohner einziehen.

Nach diesen Plänen fällt das Haus 12 zwar in die letzte Abbau-Etappe, dennoch wird es unweigerlich plattgemacht. Stummvoll taxiert dies auf die Jahre 2020 oder 2021, ebenso wie für die vier Gebäude im Nordwesten, in denen die Stadt weiter 500 Flüchtlinge unterbringen wird. Die Interimslösung wird nötig, da die Stadt unter Druck steht. Rechnerisch stellt sie etwa 6000 Plätze für Asylbewerber weniger zur Verfügung, als qua Verteilungsschlüssel nötig wäre. Die Bezirksregierung hatte daher von der Stadt verlangt, einen Teil der Asylbewerber aus der nun schließenden Erstaufnahmeeinrichtung zu übernehmen. Für die 500 Flüchtlinge, die vorerst in der Bayernkaserne bleiben, sollen rechtzeitig andere Standorte gefunden werden. "Das wird dem Wohnungsbau nicht im Weg stehen", beteuert Stummvoll. Weit schwieriger dürfte es sein, eine Alternative für das Haus 12 zu finden, in dem das Kälteschutzprogramm als offenes Angebot problemlos abgewickelt werden kann.

"Ob nun an einem oder mehreren Orten, es darf keine Denkverbote geben", fordert der Wohnungsamtschef. Damit meint er wohl auch seine im Sommer formulierte Idee, der Kälteschutz könnte auf dem Areal auch dauerhaft bestehen bleiben - als Teil des neuen Wohnviertels. Stummvoll will weder bestätigen noch dementieren, diesen Plan weiterzuverfolgen. "Wir müssen noch Gespräche mit den Referaten führen. Es ist noch alles offen."

Offen ist zugleich, ob zu Silvester auch die Wachleute an den Zugängen zur Bayernkaserne abziehen. Über die Zugangskontrollen will das Sozialreferat noch entscheiden. Beschlossene Sache ist, dass die medizinische Versorgungseinheit, betrieben von der Organisation Refudocs, in reduzierter Form auf dem Gelände bleibt, wie ihr Leiter Matthias Wendeborn mitteilt. Auch die Innere Mission wird nach eigenen Angaben mit der Asylsozialberatung präsent bleiben, wenn auch mit weniger Personal.

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Quelle:
SZ vom 21.12.2016
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