Süddeutsche Zeitung

Neue Kinderklinik in München:Der spendable Sultan

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Seinen Vater stürzte Qabus bin Said al-Said einst vom Thron und modernisierte das Land. Menschenrechtler schätzen ihn trotzdem nicht immer. Wer ist dieser Wohltäter aus dem Oman, der jetzt Millionen für eine neue Kinderklinik in München spendet?

Von Paul-Anton Krüger

Die letzte Nachricht von ihrem Sultan erhielten die drei Millionen Bürger Omans zum 18. November - dem Nationalfeiertag, der auf den Geburtstag von Qabus bin Said al-Said fällt. Aus "Gründen, die Sie kennen", könne er nicht an den Feierlichkeiten teilnehmen, ließ er seine Untertanen in der am 5. November ausgestrahlten Fernsehansprache wissen.

Seit dem 10. Juli hält er sich zu "medizinischen Tests" in Deutschland auf, wie es aus dem Palast heißt. Offiziell ist das Thema tabu, in der Hauptstadt Maskat aber wird gemunkelt, der 74-Jährige leide an Darmkrebs.

Das hat große Sorgen ausgelöst über die Zukunft des seit 1650 unabhängigen Landes. Für viele Omaner ist der am längsten amtierende Regent eines arabischen Staates Landesvater und nationale Identifikationsfigur.

Aus der Rückständigkeit in die Moderne

Das hat große Sorgen ausgelöst über die Zukunft des seit 1650 unabhängigen Landes. Für viele Omaner ist der am längsten amtierende Regent eines arabischen Staates Landesvater und nationale Identifikationsfigur. Nachdem er am 23. Juli 1970 seinen Vater in einer Palastrevolte gestürzt hatte, führte der an der britischen Militärakademie Sandhurst ausgebildete Qabus das Land am Golf von Oman und Arabischen Meer aus der Rückständigkeit und Isolation in die Moderne. Die Öl- und Gasreserven brachten Wohlstand und erlaubten ihm, eine moderne Infrastruktur aufzubauen und andere Wirtschaftszweige wie den Tourismus zu entwickeln.

2011 ließ der Sultan - ein absoluter Monarch, der mithilfe von Beratern und informellen Konsultationen mit Stammesvertretern regiert - Wahlen zu einer beratenden Versammlung und Kommunalparlamenten zu. Dennoch werfen ihm Menschenrechtler vor, die Meinungsfreiheit zu beschneiden und friedliche Proteste mit Gewalt zu unterbinden.

Außenpolitisch pflegt der Sultan gute Beziehungen zu den sunnitischen Golfstaaten, aber ebenso zum schiitischen Iran, mit dem sich Oman die Kontrolle über die Straße von Hormus teilt. Erleichtert wird Qabus dieser Spagat dadurch, dass er wie drei Viertel der Omaner den Ibaditen angehört, einer eigenständigen Strömung des Islam.

In Europa und den USA verfügt der Monarch, der ein Faible für klassische Musik hat, ebenfalls über beste Verbindungen. Für die Amerikaner fungierte er als Mittelsmann in Teheran. Als die Erzfeinde vor zwei Jahren erstmals direkt im Geheimen über eine Lösung des Atomkonflikts sprachen, trafen sie sich diskret in Maskat.

Millionenspende für Kinderkrankenhaus

Deutschland kennt Qabus, seit er als Offizier der britischen Rheinarmee hier stationiert war. In Garmisch-Partenkirchen gehört ihm ein Anwesen. Gut möglich, dass er sich mit seiner Millionenspende für ein Kinderkrankenhaus in München nun erkenntlich zeigen wollte für seine Behandlung hierzulande.

Seine Untertanen jedenfalls hoffen auf eine baldige Genesung. Die Nachfolge ist ungeklärt, eine Ehe mit einer Cousine blieb kinderlos und wurde geschieden. Im Falle seines Todes muss der Familienrat binnen drei Tagen einvernehmlich einen neuen Sultan verkünden; sonst öffnet der Verteidigungsrat einen Brief, in dem Qabus den von ihm gewünschten Thronfolger benannt hat.

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SZ vom 26.11.2014
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