Süddeutsche Zeitung

Nach der Kommunalwahl:Warum sich Münchner betrogen fühlen

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Im Münchner Rathaus regiert künftig Rot-Schwarz - mit einem ziemlich rot-grünen Programm. Nach dieser Wahl kann sich fast jeder Wähler angeschummelt fühlen - von Politikern quer durch alle Parteien.

Ein Kommentar von Dominik Hutter

Was unterscheidet Wählen und Würfeln? Nicht viel, wenn man sich die Entwicklung nach der Münchner Kommunalwahl anschaut. SPD und Grüne, die immer wieder erklärt hatten, ihre Koalition fortsetzen zu wollen (was eigentlich auch möglich gewesen wäre), gehen nun getrennte Wege.

Dass die SPD zu den Verlierern der Stadtratswahl zählt, hat keinerlei Machtverlust zur Folge. Dafür sorgt die CSU, die ursprünglich versprochen hatte, weder eine Koalition noch einen Posten-Basar zu wollen. Hut- und Piraten-Wähler haben unfreiwillig die FDP gestärkt, die reichlich ungleichen Partner ÖDP und Linke stützen sich gegenseitig. Und SPD-Stimmen für Josef Assal gingen direkt aufs Konto der Freien Wähler.

Haben die Münchner so gewettet? Es ist sehr schwer, aus einem Riesenhaufen unterschiedlich ausgefüllter Stimmzettel eine Art allgemeinen Wählerwillen ablesen zu wollen. Aber nach dieser Wahl kann sich eigentlich fast jeder Wähler angeschummelt fühlen.

Speziell die Wähler der Grünen, die ihrer Partei erst ein gutes Stadtratsergebnis bescherten, anschließend Dieter Reiter in der Stichwahl unterstützten und nun mitansehen dürfen, wie die Grünen nach einem Zerwürfnis mit der SPD in die Opposition wandern. Natürlich ist all dies keine von langer Hand geplante Verschwörung, um die Münchner an der Nase herumzuführen. Aber um einen unausweichlichen Schicksalsschlag handelt es sich eben auch nicht.

Man hat es diesen Wahlen und vor allem auch den Koalitionsverhandlungen angemerkt, dass es vielen Politikern noch an der Routine mangelt. Natürlich ist immer irgendwann das erste Mal. Aber bei diesem ersten Mal haben persönliche Befindlichkeiten und taktische Ratlosigkeit eine allzu große Rolle gespielt, und das quer durch die Parteien. Das Ergebnis lautet nun Rot-Schwarz - mit einem ziemlich rot-grünen Programm.

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Quelle:
SZ vom 16.05.2014
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