Süddeutsche Zeitung

MVG: Probleme mit Vario-Trambahn:Vom Werk aufs Abstellgleis

Lesezeit: 2 min

Es ist eine absurde Situation: Die MVG hat neue Trambahnen gekauft - doch die stehen ungenutzt im Depot, weil die Regierung von Oberbayern bislang die Zulassung verweigert. Auch für die Fahrgäste hat das Folgen. Sie müssen ab Dezember auf einer Tram-Strecke wohl in den Ersatzbus steigen.

Marco Völklein

Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) bereitet sich mit einem Notfallkonzept darauf vor, dass die neuen Trambahnen vom Typ "Variobahn" auch zum Fahrplanwechsel im Dezember noch nicht in Betrieb gehen dürfen. Das bestätigte MVG-Chef Herbert König auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung.

Dieser Notfallplan sieht vor, dass die MVG - anders als angekündigt - auf einigen Linien zunächst keine zusätzlichen Züge einsetzt, um dort den Takt verdichten zu können. Zudem werden die Fahrgäste auf der Linie 12 wohl über mehrere Monate auf Ersatzbusse umsteigen müssen.

Seit mehr als einem Jahr stehen die neuen Trambahnen ungenutzt im MVG-Depot. 14 Züge zu je drei Millionen Euro hat die MVG bestellt, acht sind bereits geliefert. Die Regierung von Oberbayern verweigert als Aufsichtsbehörde aber bisher die Zulassung und fordert nach Darstellung der MVG immer wieder neue Gutachten.

Unter anderem verlangte die Regierung erstmals detaillierte Statik-Berechnungen für alle von Trambahnen befahrenen Brücken und Unterführungen - dies sind stadtweit gut 50 Bauwerke. Mehrere Gutachter wurden beauftragt, bislang liegen die Expertisen aber noch nicht vor. "Es liegt an der MVG, diese Nachweise zu bringen", heißt es bei der Bezirksregierung. Aber auch zu vielen anderen Fragen habe man schon unzählige Nachweise vorgelegt, so König.

Als "besonders absurd" wertet der MVG-Chef eine weitere Forderung der Aufseher: Die Bahnen wurden 2006 bis 2009 entwickelt und gebaut - nach den damals gültigen Normen. Nun aber habe die Regierung gefordert, die MVG solle überprüfen, ob sich die Normenlage zwischenzeitlich verändert habe. So werde nur zusätzliches Papier produziert, aber nicht mehr Sicherheit, findet König: "Es geht nach meiner Einschätzung nicht wirklich um mehr Sicherheit für die Fahrgäste, sondern um die Absicherung der Behörde." Die Regierung entgegnet, die Prüfung der Normenlage sei üblich.

Der MVG-Chef benötigt die Variobahnen dringend - denn eigentlich hatte er für Mitte Dezember eine "Angebotsoffensive" angekündigt. So startet die MVG dann den Betrieb auf der neuen Strecke nach St. Emmeram. Dieser Start ist laut König nicht gefährdet. Zum anderen will er auf den Linien 15, 25 und 27 zusätzliche Züge einsetzen, auf den Linien 17 und 19 sind größere Bahnen geplant. Diese Maßnahmen könnten nun zunächst wegfallen, wenn die Variobahnen weiter ungenutzt herumstehen.

Die Bezirksregierung erklärt, eine "vorläufige Inbetriebnahme" sei bis Mitte Dezember möglich, "sofern die MVG die geforderten Nachweise vorlegt". Auf einen entsprechenden Ablauf habe man sich mit der MVG geeinigt. Doch auf diese Aussage will König nicht mehr vertrauen: Er wappnet sich für den Fall, dass die Variobahnen auch Mitte Dezember noch immer im Depot stehen.

Die MVGler müssen nämlich bereits jetzt Fahr-, Dienst- und Wagenumlaufpläne erstellen - und sie wollen sich dabei auf vage Zusagen nicht verlassen. Königs Notfallplan sieht daher vor, dass die geplanten Taktverstärkerzüge auf den Linien 15, 25 und 27 zunächst nicht kommen. Zudem müssen die Fahrgäste auf der Tramlinie 12 von Dezember an auf Busse umsteigen. Die MVG hat dort von Mitte März an ohnehin Gleisbauarbeiten vorgesehen; nun sollen die Ersatzbusse schon drei Monate früher rollen - so stehen die 12er-Züge für den Einsatz auf anderen Linien bereit.

Kuriosität am Rande: Im MVV-Fahrplanbuch, das im November erscheint, wird die MVG für die Linien 15, 25 und 27 zwei Fahrplanvarianten abdrucken - eine für den Fall, dass die Aufsicht den Einsatz der Bahnen doch noch rechtzeitig genehmigt. Und eine für den Fall, dass sich dies verzögert.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1140568
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 08.09.2011
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.