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Museum Villa Stuck:Mehr Chamäleon geht nicht

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Das Museum Villa Stuck zeigt die Filminstallation "Manifesto" von Julian Rosefeldt. Hollywood-Schauspielerin Cate Blanchett ist darin in 13 verschiedenen Rollen zu sehen.

Von Evelyn Vogel

Endzeitstimmung. Trümmer, Staub, fenster-lose Ruinen und dann ist da ein Penner, der mit seinen Habseligkeiten durch diese gottverlassene Landschaft stolpert. Bärtig, dreckig, abgefuckt, verletzt und verletzlich. Da ist aber auch eine perfekt gestylte Nachrichtensprecherin, eine Wissenschaftlerin, eine Lehrerin, ein Bauarbeiter, ein Junkie, eine Börsenmaklerin, eine Puppenspielerin. Viele Rollen, viele Situationen - aber nur ein "Manifesto" von Julian Rosefeldt.

Im Mittelpunkt: Eine Schauspielerin - 13 Gesichter, 13 Rollen, 13 Statements, 13 Verwandlungen, die einen Staunen machen. Cate Blanchett ist dieses Chamäleon, das seine Wandlungsfähigkeit in Rosefeldts Filminstallation "Manifesto" unter Beweis stellt. So eindrücklich, dass man bei jeder Verwandlung erneut verblüfft ist, wie radikal ihr das gelingt - und wie sehr doch Cate Blanchett hindurchschimmert. Wie ein glänzendes Juwel.

Julian Rosefeldt hat die Texte von verschiedenen Manifesten gekürzt und collagiert. Hat Originaltexte genommen von Vertretern des Futurismus, Dadaismus, Fluxus, Suprematismus, Situationismus bis hin zu Dogma 95, Schriften von Claes Oldenburg, Yvonne Rainer, Kasimir Malewitsch, André Breton, Sturtevant, Sol LeWitt, Jim Jarmusch und vielen anderen. Er befragt etwa 60 künstlerische Manifeste auf die Rolle des Künstlers in seiner Zeit, er untersucht Weltentwürfe und Ideen des 20. und 21. Jahrhunderts. Auch das wohl berühmteste Manifest, das Kommunistische Manifest von Karl Marx, taucht auf.

Rosefeldt, 1965 in München geboren, hat eine Professur an der Akademie der Bildenden Künste in München, lebt aber überwiegend in Berlin. Die Australierin Blanchett, eine der bekanntesten Hollywood-Schauspielerinnen derzeit, hatte sich vor einigen Jahren während Dreharbeiten in Berlin in eine Ausstellung von Julian Rosefeldt mehr verirrt als dass sie sie gesucht hätte und war so fasziniert von dessen Arbeit, dass sie ihm spontan eine Zusammenarbeit anbot. Man traf sich immer wieder, tauschte sich aus, entwickelte Ideen.

Aber es dauerte ein paar Jahre, bis die Idee ausgereift war. Im Winter 2014 war es dann so weit. In nur zwölf Tagen hat Julian Rosefeldt die 13 Episoden von "Manifesto" mit Cate Blanchett in Berlin gedreht - während sie gerade zu anderen Dreharbeiten dort war. Und Cate Blanchett schlüpft nicht nur in 13 verschiedene Rollen, sie spricht die Texte auch mit zwölf verschiedenen Akzenten. Mehr Chamäleon geht wirklich nicht.

Manifesto. Julian Rosefeldt. Museum Villa Stuck, Prinzregentenstr. 60, in Kooperation mit Sammlung Goetz, 16. Februar bis 21. Mai, Di.-So. 11-18 Uhr

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Quelle:
SZ EXTRA vom 16.02.2017
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