Süddeutsche Zeitung

Münchner Momente:Ein Kalender für die Behörde

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Das Kreisverwaltungsreferat, das Veranstaltungen genehmigen muss, kann keinen Überblick darüber geben. Der Aufwand sei zu groß

Von Andreas Schubert

Dass in München nichts los ist, kann man nun wirklich nicht behaupten. Sogar an Sonntagen treibt sich ein ganzer Haufen Menschen in der Innenstadt herum, vermutlich, weil sie die den Siebzigerjahre-Charme der Neuhauser- und Kaufingerstraße so sehr lieben, dass sie ihre Freizeit lieber hier verbringen als etwa in den Bergen oder an einem See. Und irgendwo ist dann auch eine Veranstaltung, damit einem nicht langweilig wird. Manche Münchner aber sind überzeugt, dass im Zentrum zu viel los ist. So fordert der zuständige Bezirksausschuss, dass öffentliche Plätze zwischendurch einfach mal wieder Plätze sein dürfen, statt Event-Arenen. Denn ob nun am Marien- oder Odeonsplatz, am Rindermarkt oder am Stachus: Irgendeine Gaudi ist immer.

Interessant dabei ist, dass das Kreisverwaltungsreferat (KVR), das Veranstaltungen genehmigen muss, keinen Überblick hat über deren gesamte Menge. Der Verwaltungsaufwand, diese aufzulisten, sei zu hoch, erfuhr der Bezirksausschuss. Ja, es ist schon ein Riesenaufwand, mal in einen Kalender hineinzuschauen; noch riesiger wäre die Belastung für das KVR, da mal überhaupt etwas einzutragen. Vermutlich halten sie sich dort an das Rheinische Grundgesetz und denken sich: "Et kütt wie et kütt" respektive "Et hätt noch emmer joot jejange". Auf Bairisch könnte man beide Sätze mit "schau ma mal, dann seng ma's scho", zusammenfassen. Irgendwann kommt schon mal der Christkindl- oder irgendein anderer Markt. Das kann man sich doch als Behörde unmöglich merken, wann wo was los ist.

Die Rheinländer haben den Karneval als organisiertes Großchaos perfektioniert. Ein bisschen chaotisch scheinen sie auch in Münchens Ordnungsbehörde zu sein. Die Mitarbeiter des KVR deshalb gleich Narren zu nennen, das wäre böse. Man könnte nett sein und ihnen einfach einen Kalender schenken.

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Quelle:
SZ vom 27.09.2016
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