Süddeutsche Zeitung

Messestadt Riem:Wie aus der Wüste eine Oase werden soll

Lesezeit: 2 min

Auf der Hitliste der hässlichsten Orte der Stadt gebührt dem Willy-Brandt-Platz vor den Riem Arcaden eine Spitzenposition. Noch - denn das soll sich ändern. Die Pläne für die Umgestaltung beeindrucken. Was sie kosten sollen, ist aber unklar.

Von Patrik Stäbler

Seitdem Jurgita Al-Sudany vor sechs Jahren in die Messestadt gezogen ist, kommt sie fast täglich am Willy-Brandt-Platz vorbei - auf dem Weg zur U-Bahn, zu den Riem Arcaden, oder wenn sie mit ihrem Sohn in den Riemer Park rollert. Und immer wenn sie das ebenso weitläufige wie triste Areal überquert, beschleicht sie ein Gefühl, sagt die junge Frau. "Dieser Platz ist einfach nur traurig. Dabei könnte man so viel daraus machen. Zum Beispiel so etwas", sagt sie - und zeigt auf mehrere Bilder, die unter einem Pavillon an einer Pinnwand hängen. Auf einer dieser Visualisierungen ist eine farbenfrohe Blühwiese zu sehen, auf einer anderen ein Brunnen mit Wasserfontänen, zwischen denen lachende Kinder spielen.

So könnte es dereinst also aussehen am Willy-Brandt-Platz - wenn es nach der Abteilung Gartenbau des städtischen Baureferats geht. Sie hat vor einem Jahr einen Bürgerinformationstag zur geplanten Umgestaltung des Areals veranstaltet. Damals wurden Ideen und Wünsche gesammelt, die von Sportangeboten über eine "naturnahe Platzfläche" bis zu einem begehbaren Fontänenbrunnen reichten. In der Folge entwickelten die Abteilung Gartenbau und das Büro Burger Landschaftsarchitekten eine Konzeptstudie, aus der dann ein Entwurf zur Umgestaltung des Platzes hervorging. Die Reaktionen auf diesen Entwurf sind bei einer weiteren Bürgerveranstaltung zumeist positiv.

Das viele Lob verwundert nur bedingt, denn in seiner aktuellen Gestalt ist dem Willy-Brandt-Platz auf der Hitliste der hässlichsten Orte Münchens eine Spitzenposition kaum zu nehmen. Oder, wie es Florian Hochstätter, der Leiter der Abteilung Gartenbau, ausdrückt: "Dieser Platz ist ein städtebaulicher Unfall."

Mit seinen 15 000 Quadratmetern - "das ist doppelt so groß wie der Marienplatz" - sei die Fläche komplett überdimensioniert, kritisiert Hochstätter. Hinzu komme eine "hundertprozentige Versiegelung" mit lediglich zwei Reihen von fast schon bemitleidenswert dürren Bäumen am östlichen und westlichen Rand des Platzes. Dabei war die riesige Freifläche vor knapp 20 Jahren eigentlich als "repräsentativer Vorplatz des Viertels" angelegt worden, so das Baureferat. Doch die öde Betonlandschaft stieß in der Nachbarschaft auf wenig Begeisterung: "Die Unzufriedenheit seitens der Bürgerinnen und Bürger blieb unverändert bestehen."

Nun aber soll alles anders werden. Besser. Und vor allem grüner. So sieht der Entwurf im Norden des Willy-Brandt-Platzes eine dichte Bepflanzung mit Bäumen vor. Hintergedanke sei hier zum einen der klimatische Aspekt, erläutert Hochstätter. Und zum anderen wolle man das Areal von der stark befahrenen Willy-Brandt-Allee abschirmen.

Südlich des Portikus - die 130 Meter lange und 22 Meter hohe Dachkonstruktion soll bestehen bleiben - ist zweierlei geplant: Erstens eine 4000 Quadratmeter große und mit Wegen durchzogene Blühwiese aus Stauden und Wildgräsern. Zweitens soll östlich davon eine 3000 Quadratmeter große Veranstaltungsfläche unter anderem für den Wochenmarkt entstehen, die aber zugleich ein begehbarer Brunnen mit etwa 50 Wasserfontänen ist. Letzteres sei ein vielfach geäußerter Wunsch aus der Bürgerschaft gewesen, sagt Hochstätter. Die weiteren Anregungen haben die Planer überwiegend im Bereich des Portikus untergebracht. Hier sieht der Entwurf eine Boulderwand, Fitnessgeräte, Plattformen, Hochbeete zum Urban Gardening und diverse Sitzmöglichkeiten vor.

Noch offen ist, ob die bestehenden etwa 50 Bäume - jene wenig ansehnlichen Gleditschien - in das Konzept integriert oder gefällt und durch Neupflanzungen ersetzt werden sollen. Für beide Varianten stellt das Baureferat einen Entwurf vor, wobei Hochstätter den Bestand lieber beseitigen würde. "Weil wir bei dieser Lösung deutlich mehr neue, gesunde Bäume pflanzen könnten."

Zum Zeitplan sagt der Leiter der Abteilung Gartenbau: "Unser Ziel ist es, dass wir in zwei Jahren mit der Umgestaltung anfangen, sodass der Platz 2025 fertig ist." Allerdings schickt Hochstätter sogleich einen nicht ganz unwichtigen Halbsatz hinterher: "Wenn das Ganze finanzierbar ist." Denn noch gebe es keine Kostenschätzung. Diese werde man nun erst berechnen. Im Anschluss muss dann der Stadtrat entscheiden, ob die Steinwüste Willy-Brandt-Platz zur grünen Oase wird.

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