Süddeutsche Zeitung

Pro Weihnachtsgottesdienst:Eine mehr als frohe Botschaft für die Gläubigen

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Der Gottesdienst im Englischen Garten wäre ein besonderes Erlebnis - eines, das manchen womöglich für immer in Erinnerung bleibt.

Kommentar von René Hofmann

Die Idee ist die charmanteste, die die Kirchen seit Langem hatten. An Weihnachten sollen Protestanten und Katholiken unter freiem Himmel an einem besonderen Ort zu einem Gottesdienst zusammenkommen: im Englischen Garten. Frostiges Grün, besinnlicher Lichterglanz, ein andächtiges Beieinander zu einer Zeit, in der ein wahres Miteinander nicht möglich ist. Das Setting verspricht etwas, wonach sich viele sehnen. Eine derartige Andacht wäre mehr als nur ein bisschen Trost in einer schwierigen Zeit, sie wäre ein besonderes Erlebnis; eines, das manchen womöglich für immer in Erinnerung bleibt - als Stunde der Hoffnung in einer Ausnahmesituation. Kinder, Familien, Senioren: Vor allem für diejenigen, bei denen viel durcheinander geriet, ist das ein großes Versprechen.

Weil sich so viel mit ihr verbinden lässt, hat es die Idee verdient, verteidigt zu werden gegen alle Einwände und Zweifel. Ja, die Infektionszahlen sind immer noch hoch, die Pandemie bleibt gefährlich. Aber die Angst vor Ansteckungen darf nicht alle Entscheidungen diktieren. Der Englische Garten ist ein klug gewählter Ort für eine derartige Zusammenkunft: Weitläufig, von vielen Seiten leicht zu erreichen. Eine Weihnachtsökumene ließe sich hier nicht nur stimmungsvoller inszenieren als in Fußballstadien, sondern auch mindestens ähnlich risikoarm.

Kirchgänger sind keine Hasardeure, keine Kick-suchenden Party-People. Im Gegenteil. Sie haben einen Vertrauensvorschuss verdient, wenn es darum geht, dass strikte Regeln auch eingehalten werden. Großveranstaltungen in ähnlichen Dimensionen hat es in den vergangenen Monaten einige gegeben: genehmigte Demonstrationen, die zeigten, dass es möglich ist, Zeichen zu setzen, wenn Vernunft und Umsicht walten. Eine Weihnachtsandacht im Englischen Garten wäre ein sehr gutes Zeichen.

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Quelle:
SZ vom 26.11.2020
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