Süddeutsche Zeitung

Bevölkerungsprognosen:München wächst - aber wie lang noch?

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Die Stadt rechnet für 2040 mit 1,81 Millionen Bewohnern, der Freistaat nur mit 1,59 Millionen. Die Abweichung macht mehr aus als die Bevölkerungszahl einer Stadt wie Regensburg.

Von Heiner Effern

Die Straßen sind verstopft, die Miete wird immer teurer, und wenn man sich schon einmal einen Besuch im Restaurant leisten will, bekommt man ohne Reservierung keinen Platz. Dieses Gefühl, dass die Stadt immer noch voller wird, das kennen die meisten. Doch stimmt das wirklich? Und wie wird es 2040 aussehen? Darüber machen sich in München und im Freistaat verschiedene Statistiker Gedanken, was zu erstaunlich unterschiedlichen Ergebnissen führt.

Das Bayerische Landesamt für Statistik hat im Februar seine Prognosen für die Zukunft vorgestellt. Dabei lohnt es sich, zuerst einmal die aktuellen Ausgangszahlen anzusehen. Zum 31. Dezember 2022 haben nach Meinung der Experten des Freistaats 1,5125 Millionen Menschen in München gelebt. Die Statistiker in München kommen auf einen deutlich höheren Wert, nämlich auf 1,5883 Millionen. Das schaut auf den ersten Blick nicht nach besonders viel aus, doch die Lücke von knapp 76 000 Menschen ist ungefähr so groß wie die gesamte Stadt Rosenheim. Im Jahr 2023 zeigt sich ein ähnliches Bild.

Noch eklatanter werden die Unterschiede beim Blick in die Zukunft. Schon für 2040 weichen die Vorhersagen bei der Bevölkerung um mehr als 200 000 Personen voneinander ab. Das wäre in etwa einmal ganz Regensburg und dazu noch mehr als halb Rosenheim. Der Freistaat sieht München dann bei 1,59 Millionen Einwohnern, die Stadt sich selbst bei 1,81 Millionen Euro.

Was erst einmal nach Zahlenspielerei klingt, hat einen ernsten Hintergrund: Politik und Verwaltung sind auf möglichst exakte Werte angewiesen, um die Stadt am Laufen zu halten. Aktuell und in Zukunft. Sie müssen entscheiden, wie viele Schulen sie bauen, wie viele Kitaplätze sie schaffen. Wie viele Radwege sie benötigen, wie viele Busse und Bahnen, wie breite Straßen. Und noch vieles mehr.

Der Freistaat geht von den Ergebnissen der Volkszählung aus

In der Stadt kennt man diese unterschiedlichen Zahlen - und man plant mit den eigenen. Schließlich basieren diese auf dem eigenen Melderegister. Die Münchner Statistiker haben auf dieser Basis mehrere Szenarien entwickelt - auch eines, das näher an der Prognose des Freistaats liegt. Doch das hält das Planungsreferat nach eigener Auskunft für nicht sehr wahrscheinlich.

Die unterschiedlichen Prognosen liegen in der unterschiedlichen Ausgangsbasis begründet. Denn von dieser Zahl aus wird hochgerechnet. Der Freistaat stützt sich dabei auf den jeweils letzten Zensus, also Volkszählung. Diese wird laut dem Statistischen Landesamt mit den jeweiligen Melderegistern der Kommunen abgeglichen. Im Fokus stehen dabei Geburten und Sterbefälle sowie Zu- und Wegzüge, deren Entwicklung nach bestimmten Quoten hochgerechnet wird. Die Stadt hält die Annahmen insbesondere bei Zu- und Wegzügen für nicht realistisch und geht weiter von sogenannten Wanderungsgewinnen aus, also einem spürbaren Plus von Neumünchnern im Vergleich zu Menschen, die die Stadt verlassen. In einem sind sich aber alle Statistiker einig: München wird weiter wachsen. Die Frage ist am Ende nur, wie stark.

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