Süddeutsche Zeitung

Prozess:Liebespaar bleibt auf Kosten sitzen

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Urteil: Obwohl die Hochzeit platzte, muss die Rechnung bezahlt werden

Von sal

Es sollte ein rauschendes Hochzeitsfest in der malerischen Kulisse eines Schlosses im bayerischen Voralpenland werden: Im Juni des vergangenen Jahres wollte ein Paar in dem alten Gemäuer den schönsten Tag im Leben standesgemäß feiern und hatte dafür beim Schlossherrn im August 2018 Räume gemietet. Aber wie so vieles andere auch, machte die Corona-Pandemie alles zunichte. Wegen den Kontaktbeschränkungen, die die Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung verlangte, konnte das Fest nicht stattfinden. Stattdessen kam es zwischen dem Schlossherrn und dem Paar zu einem Zivilrechtsstreit vor dem Landgericht München I, der an diesem Montag entschieden wurde.

Da die Hochzeitsfeier geplatzt war, hatte sich das Liebespaar geweigert, die vertraglich vereinbarte Miete in Höhe von 7363,04 Euro zu begleichen. Eine Zahlungsverpflichtung bestehe nicht, da der Kläger seine Leistungsverpflichtung nicht erfüllt habe, lautete das Argument. Der zuständige Richter der 29. Zivilkammer gab nun jedoch dem Schlossherrn recht. Denn der sei "nicht zur Ausrichtung einer Hochzeit, sondern allein zur Überlassung der dafür angemieteten Räumlichkeiten verpflichtet gewesen". Dies sei trotz der zur Bekämpfung der Pandemie angeordneten Kontaktbeschränkungen "nicht unmöglich geworden".

Darüber hinaus, so der Richter, läge das Risiko, die angemieteten Räume nutzen zu können, allein beim Mieter. Zudem bestehe im vorliegenden Fall auch kein Rücktrittsrecht der Beklagten von dem geschlossenen Mietvertrag. Bejaht werden könne dieses erst dann, wenn eine "Anpassung der Vertragsbedingungen" in gegenseitiger Kooperation erfolglos geblieben wäre. Tatsächlich aber war der Schlossherr auf das Paar zugegangen und habe ihm "diverse attraktive Ersatztermine" angeboten, stellte das Gericht fest. Das Paar jedoch reagierte darauf nicht. Durch dieses Verhalten hätten die Beklagten zu erkennen gegeben, dass sie "an einer interessengerechten Lösung per se nicht interessiert" waren, urteilte der Richter und verwies darauf, dass das Paar vielmehr das Ziel einer Vertragsauflösung verfolgt hätte, die "einseitig zu Lasten des Klägers" gegangen wäre. Das letzte Wort in der Causa (Az. 29 O 8772/20) steht noch aus. Denn das Urteil des Landgerichts München I ist noch nicht rechtskräftig.

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SZ vom 04.05.2021
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