Süddeutsche Zeitung

Geldmangel:"Studium Mint" an der Technischen Universität fällt 2021 aus

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Für ohnehin schon gebeutelte Corona-Abiturienten ist das ein enormer Nachteil. Denn das Probe-Semester hätte auch die Möglichkeit geboten, Wissenslücken zu schließen, die durch den Unterrichtsausfall entstanden sind.

Von Sabine Buchwald

Ein Semester schnuppern und dann wählen: Das ist, verkürzt ausgedrückt, die Idee des "Studium Mint" an der Technischen Universität München (TUM). Es biete einen tiefen Einblick in Mathematik, Technik- und Naturwissenschaften und richte sich an alle, die sich für ein Studium an der TUM interessieren, aber noch herausfinden wollen, welches Fach am besten zu ihnen passt.

Mit dieser Ankündigung hat die Universität für den Studiengang geworben, als er 2014 zum ersten Mal angeboten wurde - der Text ist immer noch auf der Webseite der Uni zu lesen. Das Besondere außerdem: Der kurze Studiengang läuft im Sommersemester und bringt ECTS-Punkte, die in einem anschließenden Studium angerechnet werden können. Wer sich jetzt aber dafür einschreiben will, muss feststellen: Das "Studium zum Ausprobieren" gibt es nicht mehr.

Für ohnehin schon gebeutelte Corona-Abiturienten ist das ein enormer Nachteil. Denn es ist nicht nur das Ausprobieren, das verlockend ist: Dieses Probe-Semester hätte die Möglichkeit geboten, Wissenslücken zu schließen, die durch den Unterrichtsausfall entstanden sind. Etliche Fächer wurden am Ende nicht mehr unterrichtet.

"Mint-relevante Kenntnisse auffrischen, vertiefen und sich optimal auf ein ingenieur- oder naturwissenschaftliches Studium vorbereiten", genau das ist eines der Ziele des Angebots. Außerdem hätten technikaffine Abiturienten des Jahrgangs 2020, die sich noch nicht zum Studium im Wintersemester entschließen konnten, ab Frühjahr eine Perspektive gehabt.

"Es ist ein enormer Verlust für alle, die sich darauf eingestellt hatten", sagt Malte Sittig. Er ist mit Klara Winckler Fachschaftleiter der Munich School of Engineering (MSE), wo das Mint-Studium bislang angeboten wurde. Beide finden die Situation "extrem bedauerlich". Winckler hatte im vergangenen Jahr selbst die Chance genutzt und sich anschließend für Ingenieurwissenschaften entschieden. Sie erzählt, dass sie Freunde in den unterschiedlichen Disziplinen gefunden habe, was ihr den Start an der Uni erleichterte und wovon sie bis heute profitiere. An Zulauf mangelte es dem Angebot nicht, es wurde zunehmend beliebter. 420 junge Leute hatten im Sommersemester 2020 daran teilgenommen, 2019 waren es noch 330.

Die Gründe, warum die TUM das Studium Mint nun aussetzt, sind vielschichtig und wohl auch coronabedingt. Ein entscheidender Faktor aber ist die Finanzierung. Sie wurde bislang über das Bund-Länder-Programm "Qualitätspakt Lehre" ermöglicht, das nun ausliefe, erklärt ein TUM-Sprecher. Es sei gelungen, etwa die Hälfte der aus diesem Programm finanzierten Stellen und damit mehrere Projekte aus eigener Kraft fortzuführen. Aber es sei nicht für alle Projekte eine Anschlussfinanzierung möglich gewesen. Zudem habe die extrem kurzfristige Umstellung auf digitale Lehre im zurückliegenden Semester zahlreiche Ressourcen beansprucht.

Dass es an Personal mangele, hat man auch den Fachschaftsleitern auf deren Nachfrage erklärt. "Alle Kapazitäten werden gebraucht", sagt Winckler. Es sei schon ein ziemlicher Aufwand, so ein Semester vorzubereiten - Tutorblätter aufsetzen oder Experimente abfilmen. Die Studentin geht davon aus, dass auch im Sommer wieder viel vom heimischen Schreibtisch aus studiert werden muss.

An der Universität indes hofft man auf eine Anschlussfinanzierung, ohne zu benennen, woher diese kommen könnte. Unklar bleibt auch, warum man nicht schon früher daran gedacht und eine Lösung gefunden hat. Immerhin: Man sei guter Dinge, dass im Sommersemester 2022 das Studium Mint wieder angeboten werden könne - nur für manche kommt es dann zu spät.

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SZ vom 08.12.2020
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