Süddeutsche Zeitung

Musik von "Spider Murphy Gang"-Mitglied:Was wohl aus der Rosi wurde?

Lesezeit: 3 min

Barney Murphy swingt sich bei seinem ersten Solo-Projekt "Gemischte Platte" durch Evergreens von Django Reinhardt, Chuck Berry und seiner "Spider Murphy Gang". Er packt darin auch ein wohlvertrautes Riff und die Rosi wieder aus.

Von Michael Zirnstein

So klein das "e" ist, es steht jetzt da. "So ist es einfach korrekt, ich habe nachgeschaut", erklärt Gerhard Gmell. Er nennt sich jetzt nicht mehr Barny wie zu Schulzeiten, als aus ihm wegen des damals fernsehpräsenten Fred-Feuerstein-Freundes Geröllheimer erst der "Gmellheimer" und dann eben der "Barny" wurde, der "zu der Zeit, als wir noch Rockstars waren und auch Verniedlichungen brauchten", zum Barny Murphy heranwuchs. Jetzt also felsenfest "Barney", "vielleicht weil ich älter geworden bin", sagt der 67-Jährige. Erstmals hat er jetzt ein Solo-Album herausgebracht, die "Gemischte Platte" mit seinem Seitensprung-Projekt: Barney und der Swingerclub - wegen Swing, nichts Zipfeliges, aber ein Männerding.

Eine andere Alterserscheinung ist der "Gitarrenkeller". Als er und seine Frau vor fünf Jahren ein Haus in Gräfelfing kauften, entdeckte er darin belustigt eine rosa gestrichene Kellerbar. Die ist jetzt dunkel, gedämmt, geräumig und so gut ausgestattet, dass er mit seiner Spider Murphy Gang hier für die große Show in der Olympiahalle probte. Abends zieht sich Murphy hier oft mit einem Rotwein zurück und spielt seine 40 Gitarren durch. "Das konnte ich früher in der Wohnung nicht."

In einem gewissen Alter leistet man sich schöne Dinge. Für den Musiker war das eine Maccaferri, gebaut vom Wolfratshauser Gitarrenmeister Joe Striebel nach Originalplänen der legendären Instruments von Django Reinhardt. So ein edles Stück musste er einfach haben, seit ihm sein Freund Christian Niederer den alten Saitenhexer nähergebracht hatte. Sie jammten im Gitarrenkeller. Sein "ehemaliger Lehrling" Louis Thomaß kam dazu und Schorsch Angerer von der Showband Cagey Strings. Die Herrenrunde zupfte sich durch alles vertrackte von Gypsy Swing bis Latin Jazz, "eine neue Welt" ging da für den Rock'n'Roller auf: "Ich musste mich hinhocken und üben", sagt der Autodidakt, "furchtbar spannend".

Innerhalb eines Monats starben die Freunde Christian Niederer und Schorsch Angerer

"Und dann kam der Hammer", sagt Barney Murphy, fast flüstert er's, innerhalb eines Monats starben erst Niederer, dann Angerer. Beide viel zu jung. Man merkt, dass es nahe ging. Wie jüngst der Tod von Franz Trojan, dem ersten Schlagzeuger der Spiders. "Ich möchte darüber gar nicht reden", sagt Murphy, "es tut mir sehr leid um den Franz." Trojan hatte schon sehr früh die 1978 gegründete Band verlassen, die Barney Murphy bis heute ein Hafen ist. Neulich auf einer großen Bühne in Bayreuth schoss ihm durch den Kopf: "Wahnsinn, wir spielen immer noch." Seine Erklärung klingt bei ihm wie eine Frage: "Vielleicht einfach, weil wir gute Musiker sind?"

Um die Freude am akustischen Handwerk geht es umso mehr im Swingerclub, den Murphy und Thomas nun fortführen mit dem Schlagzeuger Andreas Keller, dem Bassisten und Produzenten Tom Peschel und Gästen. Da flitzen die Töne nur so, wie im Chuck Berry (Murphy zeigt ein Foto mit seinem Idol auf dem Handy) gewidmeten "Downhill Blues". Aber wenn Barney aus "Johnny B. Goode" eine Rumba in Moll macht, die ihm "der Dickkopf" Günther Sigl bei den Spiders immer verweigerte, räkelt er sich auch mal ganz entspannt wie im letzten Kuba-Urlaub. Beim Spiders-Liebeslied-Evergreen "Rosmarie" nahm Barney die alte Idee eines Streicherarrangements auf. Als dann sechs Musiker der Bayerischen Philharmonie ins Studio kamen und spielten, da "war das so schön, dass ich fast geweint habe". Aus dem punkigen "S-Bahnsurfen" der Spiders macht er den Sommerhit "Eisbach Surfen".

Die "Donnersberger Brück'n" habe Willy Astor quasi für ihn geschrieben

Die Swinger fetzen durch Ted Snyders "Sheik of Araby", einen Liebling von Django wie von den Beatles, das live Gitarren-Fex George Harrison sang. Barney hat ihn einmal bei einem befreundeten Fotografen getroffen, war aber zu schüchtern und zu schlecht im Englischen, um viel zu reden. Irgendwie ist er der George der Spiders, lässt sich gerne inspirieren. Zum Beispiel von Willy Astor, dessen Hymne "Donnersberger Brück'n" er nun mitnahm, weil der "Willy das quasi für mich geschrieben hat": Er sei da aufgewachsen, an der alten Eisenbrücke, darauf herumgekraxelt und fast abgestürzt.

Jetzt kommen die Erinnerungen hoch. Wie er den Jimi Hendrix zwei Stratocaster vom Music-City-Laden über die Straße ins "Big Apple" habe tragen sehen, wo der E-Gitarren-Gott dann abends beim Konzert eine anzündete: "Ich hatte nur eine Scheiß-Framus, und da brannte mein Traumteil ..." Es waren "Wuide Zeit'n" im alten Schwabing, die Barney Murphy in einem neuen Song aufleben lässt. Er packt darin auch ein wohlvertrautes Riff und die Rosi wieder aus. Macht Laune. Aber ganz ehrlich, "Skandal im Sperrbezirk" kann das nicht toppen, manches lässt sich nicht verbessern.

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