Süddeutsche Zeitung

Prozess in München:Mutmaßliche Vergewaltigung im Hinterhof

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Ein Gastronom soll eine 21-Jährige vergangenen September in einem Müllhäuschen in der Innenstadt überwältigt und die Tat gefilmt haben. Zum Prozessauftakt schweigt der Angeklagte.

Von Andreas Salch, München

Eine Zufallsbekanntschaft vor einer Bar in der Sonnenstraße. Es ist kurz nach Mitternacht. Für Nachtschwärmer geht der Abend erst richtig los. Umair L., 24, ein Gastronom, steht am 7. September vergangenen Jahres gegen 0.30 Uhr vor einer Bar an der sogenannten Feiermeile in der Innenstadt. Er spricht eine junge Frau an, fragt sie, ob sie eine Zigarette von ihm haben und ob sie mit ihm spazieren gehen wolle. Die 21-Jährige ist nicht abgeneigt. Als die beiden an einem Hotel in der Sonnenstraße vorbeikommen, erzählt Umair L. der jungen Frau, dass das Restaurant darin seinem Onkel gehöre und er es ihr gerne zeigen wolle. Die 21-Jährige folgte Umair L. Kurz darauf soll sie von ihm in einem Müllhäuschen im Hinterhof des Hotels vergewaltigt worden sein.

Am Donnerstag hat der Prozess gegen den 24-Jährigen vor der 10. Strafkammer am Landgericht München I begonnen. Neben Vergewaltigung hat die Staatsanwaltschaft zudem Anklage wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen sowie Beleidigung erhoben. Denn L. soll sich, während er sich der jungen Frau vergangen habe, auch noch mit seinem Handy gefilmt und sie bespuckt haben. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 24-Jährige dies getan hat, um, wie es in der Anklageschrift heißt, "seine Missachtung auszudrücken und die Geschädigte in ihrer Ehre herabzuwürdigen". Umair L. wurde noch in derselben Nacht, in der die Tat geschehen sein soll, von der Polizei festgenommen. Seither saß er in Untersuchungshaft.

Kurz vor Beginn der Verhandlung wird L. von zwei Justizwachtmeistern in den Sitzungssaal B 175 am Strafjustizzentrum in der Nymphenburger Straße geführt. Er nimmt auf der Anklagebank Platz, der Staatsanwalt verliest die Anklage. Das mutmaßliche Opfer soll völlig arglos gewesen sein. Nachdem Umair L. mit der jungen Frau von der Lobby des Hotels an der Sonnenstraße aus in den Hinterhof gelaufen war, soll er sie geküsst haben. Sie soll nichts dagegen gehabt haben. Danach soll er die 21-Jährige zu einem Müllhäuschen geführt haben. Als L. die Türe öffnete, sei ihm die junge Frau gefolgt. Sie soll die Türe zu dem Müllhäuschen für den Ausgang des Hotels gehalten haben. Selbst als sie bemerkt habe, wo sie war, und L. sie erneut küsste, soll sie den Kuss erwidert haben.

Kurz danach aber habe sie auf Englisch "Nein" zu L. gesagt und ihm erklärt, dass sie nun gehen wolle. Umair L. soll die 21-Jährige, die ihm körperlich weit unterlegen war, hierauf gepackt, sie ausgezogen und sich an ihr vergangen haben. Aus Angst habe die junge Frau alles über sich ergehen lassen, heißt es in der Anklage. Um eine Schwangerschaft zu verhindern, soll die 21-Jährige ein Kondom aus ihrer Handtasche geholt und es L. gegeben haben. Die junge Frau tritt in dem Prozess als Nebenklägerin auf. Ihr Verteidiger beantragte, die Öffentlichkeit für die Vernehmung seiner Mandantin auszuschließen.

Der Angeklagte Umair L. schwieg zum Auftakt des Prozesses. Über einen seiner beiden Verteidiger, Rechtsanwalt Maximilan Richter, ließ der 24-Jährige erklären, dass die Vorwürfe aus der Anklage nicht zuträfen. Es sei lediglich zum "Austausch von Zärtlichkeiten" gekommen. "Einvernehmlich". Weitere Angaben machte Umair L. nicht. Ein Urteil soll Ende Mai verkündet werden.

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SZ vom 24.04.2020
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