Süddeutsche Zeitung

SZenario:Muskelberg im Geigenkasten

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Koch Holger Stromberg ist im Formel-1-Simulator nicht der Schnellste, Schauspieler Richy Müller kann nicht genug bekommen und Mr. Universum Ralf Moeller wartet auf sein eigenes Cockpit

Von Thomas Becker, München

Natürlich wollen alle Fotografen dieses Bild: Ralf Moeller, dieser 1,96 Meter lange und 115 Kilo schwere Muskelberg, in einem dieser geigenkastenschmalen Formel-1-Cockpits. Zum Vergleich: Sebastian Vettel wiegt etwa 62 Kilo bei 1,75 Meter Länge. Kein Wunder, dass Moeller, der Mr Universum von 1986, lieber vor dem Boliden stehen bleibt. "Rein komme ich schon", sagt er, "aber nicht mehr raus." Der Schwarzenegger-Buddy aus Recklinghausen hat einen neuen Job: CFO bei Racing Unleashed. Klingt nach Schreibtisch, ist aber doch sein Habitat, also Body-Workout. Der Hollywood-Star gibt den Chief Fitness Officer des Schweizer Unternehmens. Das Simulator-Start-up hat in der Motorwelt München in Freimann im Sommer seine Pforten geöffnet, eine Racing-Weltliga ins Leben gerufen und will zur Kaderschmiede für E-Rennfahrer werden.

Jedermann kann sich am Simulator versuchen - wenn er größer als 1,57 Meter, aber nicht über 2 Meter hoch ist. Mindestalter: 13 Jahre. Kostenlos ist der Spaß auch nicht: Acht Minuten für 15 Euro, eine halbe Stunde 40 Euro.

Während E-Sport weltweit expandiert, könnte die Rundenhatz der Verbrenner ein Auslaufmodell sein, sagt Moeller: "Ich weiß nicht, wie lang es die Formel 1 noch gibt. In Sachen Umwelt ist es nicht fünf vor, sondern 20 nach zwölf. Es müssen extreme Veränderungen her." Er hat bei sich längst angefangen, lebt "mehr oder weniger vegan", wie er sagt: "Es gibt drei Tiere: Elefant - Pflanzenfresser. Gorilla - Pflanzenfresser. Und: Ralf Moeller - Pflanzenfresser." Den Mukkis hat es nicht geschadet, in "Kung Fury 2" spielt er den Thor. Und da die Zeit vorbei ist, wo sich E-Sport-Nerds nur von Burgern, Chips und Cola ernährt haben, vielmehr Kondition und Konzentration gefragt sind, gibt Moeller ein prima Testimonial ab. "Wer schnell sein will, muss geistig fit sein", sagt Monisha Kaltenborn, die Ex-Formel-1-Rennstallbesitzerin, die nun Chief Executive Officer des Unternehmens ist: "Wir wollen einen Sport etablieren, der seine Berechtigung hat - im Zeitalter der Digitalisierung ein logischer Schritt."

Klar, dass damit vor allem Jungvolk angesprochen wird. Doch wer wie Mick erst acht ist, muss an diesem Abend halt dem Papa zuschauen: "Der fährt soooo langsam", mosert der Junior und meint seinen Vater: Holger Stromberg. Der hat nach fünf Minuten im Simulator genug: "Das ist geil, aber wenn du das nicht gewohnt bist, brauchst du ne Kotztüte." Die Ex-Formel-1-Piloten Heinz-Harald Frentzen und Karl Wendlinger sind da schon ausdauernder, auch Schauspieler Richy Müller kann gar nicht genug kriegen: "Das ist hoch anstrengend, hat aber Suchtpotenzial." Ralf Moeller schaut sich das alles aus der Entfernung an, aber nicht mehr lange: "In Maranello bauen sie gerade ein Cockpit nur für mich."

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