Süddeutsche Zeitung

Neuperlach:"Es reicht uns jetzt"

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Anwohner üben massive Kritik an einer Informationsveranstaltung des Investors zur geplanten Bebauung des Quiddezentrums. Sie fordern, dass städtische Gremien ihnen die vermissten Auskünfte geben sollen

Von Hubert Grundner, Neuperlach

"Brot und Spiele" seien das gewesen, sagt Hannelore Hornburger über das Mieterfest der Wohnungs- und Siedlungsbau Bayern GmbH & Co. OHG, kurz WSB. Das klingt verächtlich, vor allem aber schwingt bei diesen Worten auch eine gehörige Portion Verärgerung mit. Verärgerung darüber, dass sie und die anderen Anwohner des Quiddezentrums am 13. September nicht, wie versprochen, angemessen über die Neubaupläne der Eigentümerin für den Komplex informiert wurden. Stattdessen war nach ihrer Schilderung am Rande der damals errichteten Westernkulisse ein Infostand aufgebaut. Dort hätten dann offenbar vier Mitarbeiter der WSB eher unbefriedigende Antworten gegeben. Der "Bauplan", der auflag, soll aus einem Zettel bestanden haben, auf den der vorgesehene achtgeschossige Riegelbau und das Punkthaus mit schwarzem Filzstift gemalt war. "Es reicht uns jetzt, nichts wurde uns erklärt", schimpft deshalb Hannelore Hornburger. Sie fügt hinzu: "Wir verlangen nach wie vor, dass mein Antrag von der Bürgerversammlung umgesetzt wird." Darin hatte eine Mehrheit der Versammelten von der Stadt beziehungsweise der WSB gefordert, eine Anwohnerversammlung zum geplanten Neubau des Quiddezentrums abzuhalten.

Diese Vorwürfe will Thomas Kauer (CSU), der Vorsitzende des Bezirksausschusses (BA) 16 Ramersdorf-Perlach, so nicht stehen lassen. Zwar verstehe er sehr gut, dass ein Bauvorhaben dieser Größenordnung bei den betroffenen Nachbarn Sorgen und Ängste auslösen kann. Was aber die vermeintlich mangelhafte Information der Anwohner betrifft, so lasse er das zumindest für den BA nicht gelten. Sowohl im Unterausschuss Bau wie auch in der Vollversammlung des Gremiums seien die Neubaupläne der Dibag für das Quiddezentrum mehrmals Thema gewesen und auch unter Beteiligung der Anwohner besprochen worden. Nicht zuletzt seien deren dabei vorgebrachte Fragen und Anregungen an die Lokalbaukommission weitergeleitet worden. Und selbstverständlich seien auch Anträge aus Bürgerversammlungen an die Stadt gegangen. All das werde ins Verfahren eingebracht. Nur, so gibt Kauer den Kritikern zu bedenken, damit ende auch die Zuständigkeit des Bezirksausschusses, der ja im Wesentlichen eine Vermittlerfunktion zwischen Rathaus und Bürgern einnimmt.

Abgesehen davon habe er selbst das Mieterfest besucht und Besucher erlebt, die mit den von der WSB gebotenen Informationen durchaus zufrieden waren. Zwar wurden dabei tatsächlich keine Detailpläne gezeigt, bestätigt Kauer. Zugleich zeigt er Verständnis dafür, da das Projekt ja noch nicht in trockenen Tüchern ist. So gebe es zwar einen gültigen Vorbescheid, seines Wissens liege aber noch keine Baugenehmigung vor.

Möglicherweise kommen Kauers Erklärungsversuche aber zu spät. Zumindest hat sich Hannelore Hornburger nach eigenen Angaben zwischenzeitlich an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) gewandt. Inhaltlich bedeute der Beschluss des BA, so schreibt sie dem OB, dass die Bürgerbeteiligung in die Hände des Bauherrn gelegt wird. Das sei höchst problematisch. Der Bauherr habe keine originäres Interesse an einer umfassenden und objektiven, auch die Nachteile für die Anwohner benennenden Informationspolitik. Selbstverständlich müsse der Bauherr "liefern, nur er kann über seine Vorstellungen Auskunft geben". Das müsse aber in einem Rahmen geschehen, in dem der Bauherr in der Pflicht stehe, umfassende und objektive Angaben zu machen. "Das kann nur eine Veranstaltung des Bezirksausschusses oder der Lokalbaukommission gewährleisten, zu der die Architekten und Planer des Bauherrn zugezogen werden", mahnt Hornburger in dem Schreiben an. Überlasse man die Informationsveranstaltung vollständig dem Bauherrn, bestehe die Gefahr, dass die Anwohner nur eine rudimentäre und grundsätzlich auch beschönigende Information erhalten. Diese Befürchtung habe sich beim Mieterfest der WSB bestätigt, teilt sie Reiter mit. Mit dessen Antwort, so sei ihr aus dem OB-Büro mitgeteilt worden, dürfe sie rechnen, wenngleich das noch etwas dauern könnte.

Dabei betont Hornburger, dass sie und viele weitere Anwohner die neue Bebauung nicht pauschal ablehnen. Allerdings kritisieren sie das geplante achtgeschossige Zeilenhaus - parallel zur bestehenden Häuserzeile Plettstraße 65-73 und Quiddestraße 43-39 - als zu kompakt und massiv. Zusammen mit einem Punkthaus an der Ecke Quidde-/Ständlerstraße sollen hier 177 Wohnungen geschaffen werden. Diese Art der Nachverdichtung sei ein Schritt hin zur Zerstörung der bislang noch vielfältigen und großzügigen baulichen Struktur von Neuperlach. Eine Forderung lautet deshalb, den geplanten Riegel zu teilen.

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Quelle:
SZ vom 04.10.2019
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