Süddeutsche Zeitung

Omikron in München:"Noch ist das Abwasser voll von Delta-RNA"

Lesezeit: 2 min

Labore prüfen täglich Rachenabstriche auf die neue Coronavirus-Variante Omikron und auch im Münchner Abwasser wird nach ihr gesucht, bislang wurde sie nur in Einzelfällen nachgewiesen. Doch das könnte sich bald ändern.

Von Nicole Graner

Im Münchner Abwasser finden sich Schmutz- und Schadstoffe - und durch die Ausscheidungen der Menschen auch Keime. Zum Glück, möchte man sagen. Denn sogar die Viruslast lässt sich so messen. Durch das Abwasser-Monitoring waren Aussagen über die Inzidenz in der Stadt erheblich früher möglich, schneller als es die Meldezahlen der Behörden belegen konnten. Das hat ein Forscherteam in einer Studie unter der Leitung des Tropeninstituts am LMU-Klinikum München bewiesen, das ein Jahr lang von April 2020 an jede Woche an sechs verschiedenen Standorten Abwasserproben entnommen hat.

Noch immer werden wöchentlich Proben aus dem Münchner Abwasser entnommen - und nun auf die Omikron-Variante hin untersucht. Studienleiter Andreas Wieser, Facharzt für medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene sowie Forscher am Institut für Tropenmedizin und am Max-von-Pettenkofer-Institut des LMU-Klinikums, sagt: "Wir haben keine signifikanten Ergebnisse." Nur in wenigen einzelnen Fällen sei Omikron nachgewiesen worden. Das Ergebnis spiegle damit auch die bekannten, niedrigen Fallzahlen mit der Mutante. Wie das Gesundheitsreferat bestätigt, gebe es aktuell 14 Verdachtsfälle auf die Omikron-Variante. Es handele sich ausschließlich um Reiserückkehrer aus Südafrika. Die Bestätigung stehe noch aus.

"Noch ist das Abwasser voll von Delta-RNA", sagt Wieser. Der 38-Jährige betont das Wort "noch". Denn falls die Mutation fit genug sei - und Wieser glaubt, dass sie das ist - könnte diese Viruslast schon "relativ bald" in den Abwasserproben zu sehen sein. Wann das sein wird, darauf will er sich nicht festlegen. Das sei "extrem schwer einzuschätzen". Potenzial habe Omikron auf jeden Fall.

Das Verfahren, aus dem Abwasser Viruslast zu bestimmen, ist aufwendig. Eine einzelne Probe, die das Team entnimmt, hat in etwa ein Volumen von 500 Millilitern. "Unabhängig davon, wie viel Wasser fließt", sagt Wieser. Nach der Entnahme muss das Wasser zunächst aufbereitet und dann das Erbgut des Virus entschlüsselt werden. Eineinhalb Wochen dauert dieser Prozess.

PCR-Tests wurden auf die Omikron-Variante angepasst

Auch in den Laboren werden derzeit die über Nase und Mund genommenen Abstriche mit einer variantenspezifischen PCR-Testung und mittels Genomsequenzierung auf die Omikron-Variante hin untersucht. "Bisher", sagt Jürgen Durner, Chief Medical Officer vom Labor Becker, "haben wir hier bei der Variantentestung keine Omikron-Variante nachweisen können."

Zwei Techniken wende das Labor an: Bei der Genomsequenzierung werde, so erklärt der Professor für Laboratoriumsmedizin, das vollständige Genom des jeweiligen Virus ausgelesen und mithilfe von Datenbanken ermittelt, um welchen Stamm es sich handelt. Diese Auswertung dauere länger, da sie wesentlich aufwendiger sei.

Bei der variantenspezifischen PCR-Testung werde auf eine oder zwei typische Stellen - zum Beispiel im Spikeprotein - geschaut und analysiert, ob die Variante A oder B an der Stelle vorliegt. Die dafür notwendigen PCR-Tests wurden, sagt Durner, "auf Omikron angepasst und auch andere Varianten werden weiterhin getestet". Bereits am 27. November habe das Labor, das 650 Mitarbeiter an zwölf Standorten in Bayern beschäftigt, Untersuchungen mit den angepassten PCR-Tests durchgeführt. Jeden Tag führe man variantenspezifische Analysen durch. Wie viele Untersuchungen es derzeit täglich sind, darüber macht das Labor keine Angaben.

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