Süddeutsche Zeitung

Zwischennutzung in Neuperlach:Wie "Neuperland" Leben auf den Hanns-Seidel-Platz bringen soll

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Dort, wo längst schon ein Kulturhaus stehen sollte, planen Michi Kern und Günes Seyfarth eine Zwischennutzung mit Sportflächen und Platz für Treffen und Ausstellungen. Los geht es am 1. Dezember mit einem Weihnachtsmarkt.

Von Patrik Stäbler

Wer in Neuperlach die Menschen in Rage bringen will, der braucht im Gespräch bloß den Namen Hanns-Seidel-Platz fallen lassen. Just dort will die Stadt nämlich das im Viertel herbeigesehnte Kultur- und Bürgerhaus errichten - seit mehr als 50 Jahren. Trotz aller Versprechungen klafft am Standort weiterhin ein unschönes Loch, wiewohl rundherum in der Zwischenzeit Wohnungen, eine Kita und die Perlach Plaza hochgezogen wurden.

Doch nun passiert endlich etwas auf dem Grundstück am Hanns-Seidel-Platz. Grund hierfür ist die Ausrufung eines eigenen Staats, wenn man so will. Ehe das Kultur- und Bürgerhaus gebaut wird, soll auf dem Areal das Reich "Neuperland" entstehen. Auf diesen Namen hört die auf drei Jahre angelegte Zwischennutzung, die am 1. Dezember mit einem Weihnachtsmarkt beginnt.

Hinter dem Projekt stehen zwei Personen, die über reichlich Erfahrung mit der vorübergehenden Belebung verwaister Orte verfügen. Zum einen Michi Kern, der zuletzt das Sugar Mountain in Sendling, das Fluffy Clouds in Schwabing und das Lovecraft im früheren Kaufhof am Stachus initiiert hat. Zum anderen Günes Seyfarth, Gründerin der Community Kitchen, die Teil der Zwischennutzung Shaere im ehemaligen Allianz-Gebäude ist - nur einen kurzen Fußmarsch vom Hanns-Seidel-Platz entfernt.

Die beiden haben sich mit ihrem Konzept für Neuperland bei der Stadt beworben und den Zuschlag erhalten; dem Vernehmen nach waren sie die einzigen Bieter. Wobei die Ausschreibung für eine "Aktivierung des Hanns-Seidel-Platzes" bereits recht konkret vorgegeben habe, was dort geschehen solle, sagt Günes Seyfarth.

So ist auf der 3700 Quadratmeter großen Fläche der Bau eines Interimsgebäudes geplant, das über einen großen und zwei kleinere Räume verfügen wird. Hier sollen sich Vereine und Initiativen treffen, aber auch Ausstellungen, Vorträge und andere Kulturveranstaltungen stattfinden. Das Gebäude wird Seyfarth zufolge vermutlich ein Modulbau werden; derzeit befinde man sich noch in Gesprächen mit den Architekten.

Auch die umliegenden Freiflächen sollen belebt werden. Seyfarth stellt sie sich "eine Art Dschungel" vor - ohne Konsumzwang, mit viel Grün, zahlreichen Spiel- und Sitzgelegenheiten. Überdies seien verschiedene Sportflächen geplant, etwa ein Basketballplatz, ein Skatepark oder eine Boulderwand. "Wir wollen einen Rückzugsort für die Menschen in Neuperlach schaffen", sagt die Unternehmerin. "Außerdem soll es ein Ort der Begegnung und des Schaffens werden." Auch deshalb setze man bei der Planung und Ausgestaltung von Neuperland auf die Beteiligung der Bürgerschaft. "Wir wollen diese Fläche nicht zubauen, sondern den Menschen viel Freiraum bieten, damit sie ihre Ideen verwirklichen können", sagt Seyfarth.

Das Interimsgebäude soll im Frühjahr in Betrieb gehen. Als Vorbote steht seit Kurzem ein acht Meter hohes Zirkuszelt auf dem Grundstück. Dort werde man mit der Zwischennutzung starten, die voraussichtlich bis Ende Februar laufen werde, sagt Seyfarth. "Uns war wichtig, dass jetzt nicht erst mal ein halbes Jahr nichts passiert", sagt Seyfarth. Am kommenden Freitag eröffnet in dem Zelt der Weihnachtsmarkt Neuperland, der an den Adventswochenenden geöffnet ist.

"Wir wollen hier etwas Gutes leisten", sagt die Sozialunternehmerin über die Zwischennutzung. "Unser Vorteil ist, dass wir nach zwei Jahren im Shaere viele Kontakte in Neuperlach und auch ein gutes Verständnis für das Viertel haben. Dazu kommt Michis großes Netzwerk, von dem wir profitieren." Dass Neuperland an einem schwierigen Standort im Viertel entstehen wird, sei ihr bewusst. "Beim Thema Hanns-Seidel-Platz herrscht in Neuperlach wahnsinnig viel Frustration", sagt Seyfarth. "Da gibt es viel Ballast." Diesen Ballast wollen sie und Kern jetzt loswerden.

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