Süddeutsche Zeitung

Gute Vorsätze:Warum in diesem Jahr schon wieder alles besser wird

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Mit dem Jahreswechsel kommen die guten Vorsätze. Doch die kann man schon bald über Bord werfen, weil jetzt endlich die Realität in Form des Alltags wieder zuschlägt.

Glosse von Christiane Lutz

Für viele Münchner ist dies die ersehnte erste Arbeitswoche nach einer längeren Pause. Erholsam war diese nämlich für die wenigsten. Weihnachten, kiloweise Plätzchen, die man gar nicht mag, die ganze Familie, was machen wir Silvester? Auf viel zu viel Raclette folgt der traditionelle Magendarminfekt. Was halt dazu gehört, wenn viele Jahresenderschöpfte aufeinandertreffen.

Ein Glück, dass das Leben in München jetzt wieder in geordneten und vertrauten Bahnen laufen kann. Wer braucht schon Yogastunden in kleiner Runde mit der Lehrerin, wie in der staden Zeit, wenn man auch mit einer schulklassengroßen Gruppe anderer herabschauende Hunde üben kann? Aber achtsam sein beim Beinausstrecken, der Hintermann ist nah. Endlich kommt man wie üblich nicht in die hippen Restaurants rein, weil man keine Reservierung hat - und nicht etwa, weil sie ärgerlicherweise "zwischen den Jahren geschlossen" haben.

Die Müllabfuhr ist offenbar auch wohlbehalten zurück aus ihrer Pause, zumindest klingt es so, wenn sie bereits um 6 Uhr früh die Altlasten nach draußen rumpelt. Und endlich kann man wieder shoppen gehen, denn gerade startet der Winterschlussverkauf, der jetzt Sale heißt. So richtig befriedigt hat das "dieses Jahr schenken wir uns nichts" nämlich doch nicht.

Am besten an der neuen, alten Routine ist aber, dass man die guten Vorsätze schon bald über Bord werfen kann, weil jetzt die Realität in Form des Alltags wieder zuschlägt. "Ich mach dieses Jahr auf jeden Fall 'ne Alpenüberquerung", sagte am Wochenende noch eine ambitionierte junge Frau zu ihren Freunden in der Ausschankschlange eines wegen schönen Wetters geöffneten Biergartens. "Du? Mit dem E-Scooter?", kichert einer der Freunde. "Nee! mit meinem Hund!" Anerkennendes Nicken. "Ab heute trainier' ich. Bin zu Fuß hierher gekommen." Dann überlegt sie kurz: "Jetzt aber muss ich mich erst mal erholen. Après-Ski letzte Woche war so anstrengend."

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Quelle:
SZ vom 08.01.2020
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