Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Richtige Weichenstellung

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Angesichts des Baubooms in München ist die Ausweisung des Moosgrunds als Landschaftsschutzgebiet geradezu zwingend.

Von Thomas Kronewiter

An der Ausweisung des nordöstlichsten Zipfels des Stadtbezirks Bogenhausen als Landschaftsschutzgebiet führt kein Weg vorbei - und das ist auch die richtige Weichenstellung. Dass dies nun geschieht, nach Jahrzehnten der Absichtserklärungen endlich geschehen muss, ist ebenso zwingend. Zu groß ist der Druck durch die Siedlungsentwicklung im boomenden München, zu (zeitlich wie örtlich) nahe die ohnehin geplante Ansiedlung von bis zu 30 000 Menschen in direkter Nachbarschaft zum "Moosgrund", als dass man nicht befürchten müsste, am Ende komme der Schutz von Flora und Fauna doch noch unter die Räder. Es ist vielmehr gerade die kommende Großsiedlung, die dazu zwingt, den natürlichen Erholungsraum der neuen Nachbarn nicht dem freien Spiel der Kräfte zu überlassen, trampelnden Großstädtern nicht ebenso zu öffnen wie Motocrossern, Gassigehern oder bewussten wie unbewussten Umweltfrevlern. Dass der Moosgrund ein Landschaftsschutzgebiet werden soll und nicht ein noch höherrangiges Naturschutzgebiet, bezeugt zudem die sinnvolle Abwägung zwischen den Interessen von Naturschützern, Tier und Pflanze, Erholungssuchenden, aber auch Landwirten.

Denn darin liegt die Schwäche, ja die Inkonsistenz in der Argumentation der meisten Kritiker am Schutzprojekt: Einerseits treten sie für den Erhalt der Landschaft ein, bringen Falter und Kröte gegen den möglichen Kiesabbau in Stellung. Andererseits aber wehren sie sich gegen jedwede Einschränkung, die Bauern künftig womöglich verpflichtet, sich vor der Baumpflege oder dem Heckenschnitt mit den Behörden abzustimmen. Das passt nicht zusammen.

Ob es nun richtig ist, was kolportiert wird, dass nämlich der Bereich für den Kiesabbau eher unergiebig und deshalb uninteressant sein soll, oder ob doch Kiesanbieter schon in den Startblöcken stehen: Das Thema Kies respektive Sand wächst sich im Großraum München langsam zu einem echten Problem aus. Denn einerseits wird die Ressource für die zahlreichen Bauvorhaben gerade in der Metropolregion gebraucht, und das möglichst ortsnah und deshalb umweltfreundlicher als im Falle langer Transportwege. Andererseits lässt eine vernünftige regionalplanerische Abstimmung, wo sinnvolle Abbaugebiete sind und wo aus Naturschutzgründen besser auf das Ausbaggern verzichtet werden sollte, weiter auf sich warten. Wie sehr das Politik und Verwaltung allerorten mittlerweile strapaziert, können gerade direkte Nachbargemeinden Münchens, etwa im Würmtal, wahrlich bestätigen.

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Quelle:
SZ vom 27.11.2020
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