Süddeutsche Zeitung

Eggarten in der Lerchenau:"Für München einzigartig und sehr ehrgeizig"

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Der Entwurf für die Bebauung des Eggarten-Areals wird im Stadtrat von den Grünen gelobt und von einer großen Mehrheit angenommen. Aber es gibt auch Kritik.

Von Jerzy Sobotta und Sebastian Krass, Lerchenau

Dass sie ein ökologisches Bewusstsein haben, das versuchen die Bauherren des Eggartens immer wieder unter Beweis zu stellen. Deshalb legt das Konsortium aus Büschl Unternehmensgruppe, CA Immo und der Genossenschaftlichen Immobilienagentur (Gima) viel Wert auf strategische Kommunikation.

Und wer ein bisher weitgehend naturbelassenes Gelände mit bis zu 2000 Wohnungen bebaut und dafür im Stadtrat Zustimmung von den Grünen bekommt, der hat offenbar die richtigen Worte gewählt. Die heißen: ein lebendiges, klima- und umweltfreundliches Quartier mit eigener Identität, kurzen Wegen und umweltfreundlicher Mobilität, das zudem "dauerhaft sicheres Wohnen für alle" garantiert. Das sind die Leitlinien, welche sich die Investoren in eine selbstverpflichtende Charta geschrieben haben, bevor der bereits seit vergangenem Sommer bekannte Siegerentwurf des städtebaulichen Wettbewerbs am Mittwoch Thema im Planungsausschuss des Stadtrats war.

Der Entwurf wurde dann auch von einer großen Mehrheit angenommen. Damit wird der Plan des Architekturbüros Studio Wessendorf und von Atelier Loidl Landschaftsarchitekten, beide aus Berlin, zur Grundlage für einen Bebauungsplan, den das städtische Planungsreferat nun für rund 5000 Bewohnerinnen und Bewohner ausarbeiten soll.

Vor allem für die Grünen war es keine leichte Entscheidung, wie Stadtrat Paul Bickelbacher zugab. Ihnen war die Bebauung anfangs zu groß. Aber dass sich die Investoren mit der Charta selbst zum Klimaschutz verpflichten, "ist für München einzigartig und sehr ehrgeizig", sagte er in der Stadtratsdebatte, verlangte aber im Bereich Ökologie auch Nachbesserungen. Dass etwa die Hälfte der Wohnungen von Genossenschaften bebaut wird, hat schon vor längerer Zeit Grüne und SPD im Stadtrat trotz allen Widerstands von Bezirksausschuss und örtlicher Bevölkerung zu Fürsprechern des Projekts gemacht.

Auch die CSU stimmte für die Planung. Stadtrat Alexander Reissl sieht allerdings eine Diskrepanz zwischen der öffentlichen Darstellung des Projekts und der Realität: "Es ist nicht zentral und es ist kein Quartier der kurzen Wege. Es ist ein normales Wohngebiet mit einer mittelprächtigen Lage im Stadtgebiet und einer mittelprächtigen Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr", sagte der CSU-Politiker und schlussfolgerte daraus einen zusätzlichen Bedarf an Parkplätzen.

Damit war ein Streitthema der Debatte gesetzt: der Stellplatzschlüssel. Letztlich setzte sich nach emotionaler Debatte die grün-rote Regierungskoalition durch und legte den Schlüssel auf 0,6 Parkplätze pro Wohnung fest. Bei Besucherparkplätzen hält sie einen pro 20 bis 30 Wohnungen für ausreichend, was auf heftige Kritik der CSU stieß. Alle Parkplätze sollen in drei Quartiersgaragen und nicht in Tiefgaragen unterkommen, wodurch mehr alte Bäume geschützt werden können. Für eine bessere Anbindung des Eggartens wünscht sich die SPD eine Takterhöhung der U 3, die man in etwa 15 Gehminuten erreichen kann.

Beim zweiten großen Thema, dem Natur- und Klimaschutz, gaben die Stadträte den Bauherren eine lange Liste an Aufgaben mit auf den Weg. "Uns ist wichtig, dass die Klimagutachten vor dem Billigungsbeschluss vorliegen und öffentlich ausgelegt werden. Da ist uns Transparenz sehr, sehr wichtig, weil das Thema sehr genau beobachtet wird", sagte Bickelbacher.

So soll der Bau ökologisch vom Landesbund für Vogelschutz und Bund Naturschutz begleitet und der Baumbestand mit einem Kataster dokumentiert werden. Ein Grünstreifen im Süden des Geländes soll breiter ausfallen, besser mit umliegenden Naturflächen verbunden und durch Amphibienteiche ergänzt werden. Teams für Architektur und Klimagutachten müssen außerdem die Frischluftversorgung untersuchen, die eine geplante Turnhalle möglicherweise behindert. Hier soll auf jeden Fall nachgebessert werden.

Das Nein zu dem Projekt kam von drei kleinen Parteien: Die FDP hält es für zu dicht und hätte sich ein "behutsameres Vorgehen" gewünscht. Für Brigitte Wolf (Linke) steht fest: "Unter dem Aspekt Klimagerechtigkeit und Klimawandel ist das Projekt an dieser Stelle einfach das Falsche." Und Dirk Höpner von der München-Liste hält "die Bebauung des Eggartens für eine ökologische Katastrophe." Er fürchtet, dass etwa 700 Bäume gefällt und zahlreiche Tier- und Pflanzenarten verschwinden werden.

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SZ vom 12.03.2021
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