Süddeutsche Zeitung

Verkehr:Neue Nord-Süd-Radachse durchs Lehel geplant

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Einbahnstraßenregelungen und Fahrradstraßen sollen ermöglichen, dass Autofahrer dabei so viel Platz haben wie bisher - so wollen es unter anderem die CSU-Politiker im Bezirksausschuss. Die Grünen halten das für unrealistisch.

Von Julian Raff, Lehel

Wenn es darum geht, Straßenraum zwischen Auto und Fahrrad aufzuteilen, setzen sich in der Stadtpolitik meist grün-rote Positionen durch, Autofahrer müssen in der Folge Platz abtreten. Der verkehrspolitisch gespaltene Bezirksausschuss (BA) Altstadt-Lehel strebt nun allerdings eine verbesserte Nord-Süd-Radachse durchs Lehel an, ohne dass dafür Autofahrspuren weichen sollen.

Das Plenum fällte die kontroverse Entscheidung in zehnköpfiger Besetzung, nach einem Abstimmungspatt im Unterausschuss. Verkehrsbeschlüsse fallen hier meist knapp aus und hängen zudem besonders stark von der aktuellen Präsenz ab, da der BA gemäß der Einwohnerzahl mit nur 15 Mitgliedern das kleinste der 25 Stadtteilgremien ist.

Den Anlass zur Debatte hatte zum einen ein Bürgerantrag für einen abgetrennten Radweg an der Sternstraße gegeben, zum anderen ein von der CSU initiierter, von SPD, FDP und Freien Wählern unterstützter Antrag für eine sichere Nordverbindung von der Maximilianstraße Richtung Tucherpark/Tivolistraße.

Gesucht wird eine Alternative zum "unangenehmen Pflaster" der Emil-Riedel-, Oettingen- und Sternstraße und zum isar-seitigen Radweg an der Widenmayer/ Steinsdorfstraße, der aus BA-Sicht weder ausreichende Breite bietet noch genug Einfahrtsmöglichkeiten ins Viertel. Die Verbindung kann dabei nach Einschätzung der Antragsteller durch Anpassung von Einbahnregelungen, neue Fahrradstraßen, eventuell auch durch neue Radwege und Schutzstreifen geschaffen werden, jedoch "ohne Wegfall bestehender Fahrspuren".

Grünen-Politiker Louis: den Bürgern "reinen Wein einschenken"

Beim Versuch, diese Klausel per Änderungsantrag zu streichen, unterlagen die Grünen mit vier zu sechs Stimmen. Dieselbe Mehrheit lehnte auch den Bürgerantrag für eine separate Radspur an der Sternstraße ab. Für Bernhard Wittek (CSU) hätte eine solche Lösung eine "völlige Katastrophe" in der frequentierten, stauträchtigen Hauptachse bedeutet, die sich hier durch beidseitig parkende Autos auf zwei Spuren verengt. Philippe Louis (Grüne) hält es dagegen für möglich und zumutbar, noch mehr Durchgangsverkehr auf den Mittleren Ring und die A 99 zu verlagern.

Auf die gesamte Achse Emil-Riedel-, Oettingen- und Sternstraße bezogen, bleibt die Forderung nach einer Radverbindung ohne das Streichen von Autospuren für Louis erst recht unrealistisch. Ein Radweg nach den Leitlinien des Radentscheids beanspruche drei bis vier Meter Straßenbreite, also mehr als die durchschnittliche Pkw-Spur, da müsse man den Bürgern schon "reinen Wein einschenken", sagte er.

Eine ideologische "reine Lehre" sieht dagegen Antragsteller Bernhard Wittek (CSU) am Werk, wo die Grünen nur mit der Umwandlung von Autospuren planen wollten oder gar nicht. Da half es auch nichts, dass die BA-Vorsitzende Andrea Stadler-Bachmaier (Grüne) Ausweichtrassen wie die Lerchenfeldstraße beim Englischen Garten ausdrücklich geprüft sehen wollte.

Eine generelle Wiederholung alter Planungssünden auf zwei statt auf vier Rädern befürchtet Stefan Blum (CSU), der es "erschreckend" findet, "dass wir nun nach Autoschneisen solche für die Fahrräder bekommen". Das aktuelle Negativbeispiel für eine solche Zerschneidung der Stadt macht Blum am Thomas-Wimmer-Ring aus, wo ein Abschnitt des Radlrings um die Altstadt fertiggestellt wurde.

Die Strecke könne zu Fuß kaum mehr gefahrlos gequert werden, schon gar nicht, wenn E-Bike-Fahrer mit gut 30 Stundenkilometern sie nutzten. Er werde jedenfalls demnächst einen Zebrastreifen speziell für den Radweg beantragen, kündigte Blum an. Dies wäre, falls umgesetzt, in München wohl ein Novum.

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SZ vom 05.10.2021
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