Süddeutsche Zeitung

Prozess in München:Steuerhinterziehung in großem Stil - Anklage gegen Lieferservicechef

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Der Inhaber eines Pizzalieferservice soll mehr als eine halbe Million Euro Steuer hinterzogen haben. Nun ist es vorbei mit dem glänzenden Geschäft, der 42-Jährige steht vor Gericht.

Von Andreas Salch

Hunderte Milliarden Euro gehen dem Fiskus jedes Jahr durch Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit verloren. Dabei sind es längst nicht nur große Unternehmen oder Personen mit sehr hohen Einkommen, die mitunter Steuern hinterziehen. Überall, wo der Umsatz hoch ist, scheint bisweilen auch die Versuchung groß, dem Staat Geld vorzuenthalten - so auch bei dem ehemaligen Inhaber eines Pizzalieferservice in Milbertshofen, dessen Einkünfte nach einer positiven Kritik in einer Münchner Boulevardzeitung geradezu nach oben schnellten.

Der 42-Jährige, der sich jetzt vor dem Landgericht München I verantworten muss, soll zwischen 2011 und 2013 rund 570 000 Euro an Einkommen-, Gewerbe-, Umsatz- und Lohnsteuer hinterzogen haben. Außerdem soll er von 2011 bis 2015 für seine Beschäftigten keine Beiträge für die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung abgeführt haben. Alles in allem handelt es sich laut Anklage um einen Betrag von rund 923 000 Euro.

Zum Auftakt des Prozesses vor der 6. Strafkammer wies der Angeklagte die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft größtenteils von sich. Nachdem er das Geschäft 2011 gepachtet habe, sei der Umsatz äußerst gering gewesen, behauptete der Angeklagte. Er habe mit "nix angefangen" und sogar selbst in der Nachbarschaft Werbeflyer verteilt. Erst 2014 habe sein Unternehmen schwarze Zahlen geschrieben - nach einer positiven Kritik in der tz. Schon einen Tag nach Erscheinen des Artikels sei die Zahl der Bestellungen in seiner Pizzeria um das Dreifache gestiegen. Als jedoch ein Mitarbeiter nach einem Streit mit dem Angeklagten den Zollbehörden einen Tipp gab, war es aus mit dem glänzenden Geschäft. Ende 2015 gab der 42-Jährige den Pizzalieferservice ab und die Ermittlungen der Steuerbehörden gegen ihn liefen.

Die Summe der Beträge, die er hinterzogen haben soll, stimmten nicht, behauptete der Angeklagte bei seiner Vernehmung zum Prozessauftakt. Das Finanzamt habe ausgehend vom Jahr 2014, als das Geschäft sehr gut gelaufen sei, die Einkünfte und Umsätze für die vorausgegangenen Jahre geschätzt. Doch damals sei es ihm finanziell gar nicht gut gegangen, sagte der 42-Jährige. In jenen Jahren habe er "so gut wie nichts gehabt". Im Übrigen sei sein ehemaliger Geschäftspartner für die Einstellungen und die Lohnzahlungen verantwortlich gewesen und nicht er. "Und heute sitze ich da und soll alles ausbaden", beschwerte sich der ehemalige Inhaber des Pizzalieferservice. Der Prozess wird fortgesetzt.

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