Süddeutsche Zeitung

Beschluss :Corneliusbrücke oder Willy-Brandt-Platz - wohin kommt der Kulturstrand?

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Von Dominik Hutter

Noch ist alles theoretisch: Würde sich jemand bewerben, um im kommenden Sommer für drei Monate einen Kulturstrand zu veranstalten, stünden nun immerhin zwei mögliche Standorte zur Verfügung. Der Kreisverwaltungsausschuss des Stadtrats hat am Dienstag den Klassiker Corneliusbrücke und den Neuling Willy-Brandt-Platz ins Rennen geworfen. An jedem dieser Orte könnte in den Jahren 2020 bis 2023 das schon fast traditionell gewordene Münchner Sommerspektakel stattfinden. Den ebenfalls vorgeschlagenen Ostpark strichen die Politiker wieder aus dem Programm. Dort sei ohnehin schon genug los, befand CSU-Stadtrat Sebastian Schall. Die Grünanlage war aber auch zuvor schon bei der Verwaltung nicht unbedingt erste Wahl. Sie gilt als vergleichsweise weit außerhalb gelegen (was auf den Willy-Brandt-Platz in der Messestadt Riem auch zutrifft). Zudem gebe es mit dem Michaeligarten bereits ein gastronomisches Angebot.

Die wechselnden Standorte des Kulturstrands beschäftigen das Rathaus schon seit vielen Jahren. Musik plus Bier im Urlaubsambiente gab es bereits an den unterschiedlichsten Adressen wie am Professor-Huber-Platz vor der Universität, an der Corneliusbrücke oder am Vater-Rhein-Brunnen - wobei sich Letzterer in den vergangenen Jahren als nahezu ideales Ambiente entpuppte. Eigentlich hätte es dort gut weitergehen können - läge die Insel-Idylle nicht direkt neben der Ludwigsbrücke, die dringend sanierungsbedürftig ist. In den kommenden beiden Jahren sind dort die Bagger am Werk, was nicht nur den Verkehr verlangsamen wird, sondern auch den Kulturstrand unmöglich macht. Also: Neue Standorte müssen her.

Dass die Corneliusbrücke dabei wieder ins Rennen kommt, war absehbar. Die normalerweise eher verwaist wirkende Bastion mitten in der Isar gilt eigentlich als perfekte Feier-Location. Bis zu den benachbarten Wohnhäusern ist es ein Stück, die Brücke liegt zentral und ist gut erreichbar, und mit der Isar-Nähe kommt auch das Strand-Motto zur Geltung. Nachteil: Die Bezirksausschüsse laufen seit Langem Sturm gegen die Veranstaltung, die allerdings weder im Kreisverwaltungsreferat noch bei der Polizei als besonders störend aufgefallen ist. Die Zahl der Beschwerden hielt sich in Grenzen, und auch die von den Stadtviertelpolitikern immer wieder angeführten Verkehrsprobleme auf der Brücke sind zumindest den zuständigen Behörden nicht aufgefallen.

Der Standort an der Corneliusbrücke hat auf längere Sicht keine Zukunft

Auf längere Sicht hat dieser Standort allerdings wohl auch keine Zukunft. Denn auf der Bastion soll von August 2022 an das kriegszerstörte König-Ludwig-Denkmal wiedererrichtet werden - in vereinfachter Form und als "romantische Ruine". Dann befinden sich dort - zu Füßen eines Königs, der vom Absolutismus träumte - Steinfragmente und Rosen. Die zeitgenössischen Biertrinker vom Kulturstrand müssen weichen. Allerdings dürfte von 2023 an der Vater-Rhein-Brunnen wieder zur Verfügung stehen. Die dortige Brückensanierung ist auf zwei Jahre veranschlagt. Dass plötzlich auch der Willy-Brandt-Platz, eine weite und von vielen als öde empfundene Fläche in der Messestadt Riem, in den Reigen der Kulturstrand-Kandidaten aufgenommen wurde, geht auf einen Änderungsantrag von CSU und SPD zurück.

Das riesige Areal, direkt am Einkaufszentrum Riem Arcaden gelegen, könne etwas Belebung gut gebrauchen, findet SPD-Stadtrat Christian Vorländer. Die Verwaltung hat den Platz nach einer Prüfung grundsätzlich als geeignet für die Liegestuhl-Sause eingestuft. Der Kreisverwaltungsausschuss hat sich denn auch einstimmig für den Willy-Brandt-Platz ausgesprochen. Bei der Corneliusbrücke gab es jeweils eine Gegenstimme aus CSU und Bayernpartei.

Ursprünglich war es erklärtes Ziel des Kulturstrands, den Münchnern eher unwirtliche oder vergessene Orte schmackhaft zu machen. Später dann galt die Isar-Nähe als oberstes Gebot, um gleichzeitig zentral und gewässernah feiern zu können. Inzwischen wird das nicht mehr so eng gesehen. Sonst hätte der Willy-Brandt-Platz ein Problem.

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Quelle:
SZ vom 27.11.2019
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