Süddeutsche Zeitung

Politik:Münchner Grünen-Chefin Lux tritt zurück

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Von Heiner Effern, München

Die Grünen müssen sich zu Beginn der heißen Phase des Kommunalwahlkampfs an der Parteispitze neu sortieren. Die Stadtvorsitzende Gudrun Lux verkündete am Dienstagmittag auf Facebook ihren sofortigen Rücktritt. Der Spagat zwischen Familie und Parteiamt habe sie in den vergangenen Monaten "kontinuierlich an die Grenzen meiner Möglichkeiten" gebracht, schrieb sie in einer emotionalen Mitteilung. "Ich will für meine Familie da sein können, mit Zeit und echter Aufmerksamkeit. Ohne aufs Smartphone zu schauen, ohne gedanklich woanders zu sein." Ihrem Baby wolle sie ersparen, dass es "quasi in der Parteigeschäftsstelle aufwächst". Lux ist mit Florian Roth, dem Fraktionschef der Grünen im Stadtrat, verheiratet. Die beiden haben zwei Töchter, die große ist fünf Jahre alt, die kleine vier Monate.

Nach außen hin kommt der sofortige Rückzug überraschend, intern war die hohe Belastung gerade in den Wochen vor dem Aufstellungsparteitag schon registriert worden. In den ersten Reaktionen der Grünen schlägt Lux viel Verständnis und Sympathie entgegen. "Ich habe es geahnt und verstehe deine Entscheidung. Ein großer Schritt, der schwerfällt", schreibt etwa Parteikollegin Marion Lüttig, die für den nächsten Stadtrat kandidiert. Ein Erlebnis bei ebendieser Aufstellung dürfte bei Lux zur schnellen und konsequenten Reaktion geführt haben. Entgegen dem Wunsch ihrer Tochter sei sie vom Parteitag abends nicht mit nach Hause gekommen, sondern habe diese mit der Babysitterin nach Hause geschickt. Die Worte ihrer Tochter habe sie "später im Schlaf die halbe Nacht gehört", schreibt Lux.

Die Grünen suchen nun eine Stadtchefin, die die Partei mit ihrem männlichen Kollegen Dominik Krause in den Wahlkampf führt. Festlegen wollen sie sich auf einer Stadtversammlung Anfang November. So etwas wie eine logische Nachfolgerin gibt es nicht. Bei aller Liebe für neue Gesichter, wie sie die Grünen bei der Aufstellung der Stadtratsliste ausgelebt haben, dürfe die künftige Kollegin für den wichtigen Kommunalwahlkampf schon ein bisschen politische Erfahrung mitbringen, wünscht sich Krause.

Er fürchtet aber nicht, dass die Lücke an der Spitze zu einem Nachteil im Kommunalwahlkampf führen könnte. "Natürlich wird sie fehlen, aber wir haben den sonst kompletten Vorstand." Es werde eine Herausforderung, aber die Grünen hätten "Strukturen, die das abfangen" könnten. Auch OB-Kandidatin Katrin Habenschaden würdigt den Einsatz von Lux. "Was sie geleistet hat, ist außergewöhnlich." Der Wahlkampf soll nun möglichst wenig darunter leiden. Gerade in einer solchen Phase "bewährt sich unsere Doppelspitze".

Lux war die Konstante an der Spitze der Stadt-Grünen

Lux wurde vor drei Jahren an die Spitze der Münchner Grünen gewählt. Sie setzte sich gegen die jetzige Europa-Abgeordnete Henrike Hahn durch. Im Jahr darauf trat ihr männlicher Kollege an der Stadtspitze, Hermann Brehm, nach internen Meinungsverschiedenheiten zurück. Zwei Jahre lang leitete Lux dann mit Sylvio Bohr die Münchner Grünen, seit März bildete sie mit Fraktionsvize Dominik Krause das Tandem. "Ich schätze sehr, wie sie sich eingebracht hat. Ihr ist zu verdanken, dass die Grünen so aufgestellt sind, wie sie es sind", sagte Krause.

Und zwar richtig gut, will er damit sagen. Tatsächlich war Lux die Konstante an der Spitze der Stadt-Grünen in einer Zeit, in der sich die Mitgliederzahl nahezu verdoppelte. In ihre Amtszeit fallen drei außergewöhnlich erfolgreiche Wahlen, zuletzt in Europa und in Bayern, bei denen die Grünen in München jeweils stärkste Partei wurden.

Diese Erfolge brachten die Geschäftsstelle an ihre Grenzen, sie brachten aber auch mehr Geld in die Kasse. Der Aufbau neuer Strukturen mit neuem zusätzlichen Personal war eine der zentralen Aufgaben der Stadtvorsitzenden. Aber auch politisch brachte sie sich immer wieder ein, etwa als Sprecherin des Radentscheids. Nun will sie es ruhiger angehen lassen, sich aber schon weiter einbringen. "Natürlich bleibe ich politisch und grün und begeistert", schreibt sie.

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Quelle:
SZ vom 18.09.2019
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