Süddeutsche Zeitung

Nach starken Regenfällen:Die Isar steigt aus ihrem Bett

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Zwei Tage Regen sind genug, um den Gebirgsfluss zum Brodeln zu bringen. Reißendes Hochwasser schwemmt an Münchner Brücken riesige Teppiche aus Treibgut an.

Von Thomas Anlauf, München

Die Isar kann brutal sein. Zwei Tage Regen reichen, um den Gebirgsfluss derart anschwellen zu lassen, dass es ihn nicht mehr in seinem Bett hält und er zu tosen beginnt. Am Dienstag stieg der Flusspegel innerhalb kurzer Zeit steil an und bescherte den Münchnern ein Naturspektakel. Unterhalb der Maximiliansbrücke schossen die Wassermassen nach Norden, die Gischt spritzte meterhoch. Während sich im Süden der Stadt eine braune Brühe rund um den Flaucher ausbreitete und bereits am Dienstagvormittag die Wiesen am Isarufer flutete, donnerte die Isar wenige Kilometer weiter durch die Engstelle an der Schwindinsel über die Kaskaden.

Bereits am späten Dienstagvormittag warnte die Stadt vor Überschwemmungen in Untergiesing, der Au und Thalkirchen. Keller sollten dort geräumt, Elektroanlagen abgeschaltet und Heizöltanks vor dem steigenden Grundwasser gesichert werden. Die flussnahen Viertel rechts der Isar sind bei Hochwasser regelmäßig davon betroffen, dass das Grundwasser in die Keller drückt. Doch bis zum Nachmittag blieb die Lage ruhig, berichtet die Feuerwehr, es habe keine größeren Einsätze gegeben.

Die brodelnde Isar sah dennoch spektakulär aus. Der Fluss riss mehrere Bäume aus dem Oberland mit sich. An der Thalkirchner Brücke sammelte sich ein riesiger Teppich an Treibgut, der sich über mehrere Brückenpfeiler erstreckte. Auch an der Flaucherbrücke, die bereits am Mittag aus Sicherheitsgründen gesperrt worden war, drückten die Wassermassen Äste an die Holzkonstruktion. Im Fluss trieb am Nachmittag ein entwurzelter Baum.

Nach den starken Regenfällen am Montag stieg der Pegel der Isar in München am Dienstag um 6 Uhr früh schon über die Meldestufe 1, die bei 240 Zentimetern liegt. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits das Isarvorland zwischen Thalkirchen und Corneliusbrücke überflutet. Bereits bei einem Pegel von zwei Metern müssen die Obdachlosen, die unter den Isarbrücken oder am Flussufer schlafen, ihre Lager verlassen. Bei 270 Zentimetern Flusspegel drückt auch das Grundwasser nach oben, auch die Ufer im Norden Münchens wurden am Dienstag überflutet. Bis zum späten Abend sollte das Wasser in der Isar sogar auf etwa 370 Zentimeter steigen, knapp unter der dritten von vier Meldestufen. Danach sollte der Pegel wieder sinken, prognostizierte das Bayerische Landesamt für Umwelt.

Trotz des Regens betrachteten am Dienstag zahlreiche Münchner das Naturschauspiel an der Isar. Der Anblick des reißenden Flusses war aus sicherer Entfernung aber ungefährlich. Durch die Renaturierung der Isar vor knapp zehn Jahren können sich die Wassermassen nun besser ausbreiten. Zudem stieg der Flusspegel nicht auf bedrohliche Ausmaße: Am 24. August 2005 schwoll die Isar auf 542 Zentimeter an, normal sind an der Messstation in Bogenhausen nördlich der Luitpoldbrücke zwischen 70 und 100 Zentimeter.

Dennoch wird es Tage dauern, bis sich die Situation normalisiert. Denn das viele Schwemmholz muss aus der Isar gebaggert werden, da es sonst die Brückenkonstruktionen gefährden könnte. Voraussichtlich bis Ende der Woche wird durch die Floßlände kaum Wasser geleitet, damit nicht unnötig Schlamm und Treibgut eingeschwemmt wird.

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SZ vom 05.08.2020
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