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Pissoir am Gasteig:Klo-Kleinod mit Denkmalcharakter

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Ob als öffentliche Toilette oder Kunstraum - das Pissoir aus dem 19. Jahrhundert an der Kreuzung von Preysing- und Kellerstraße soll eine Zukunft haben.

Von Patrik Stäbler, Haidhausen

Die Bedürfnisanstalt hinter dem Gasteig befriedigt schon seit mehr als zehn Jahren keine Bedürfnisse mehr. Vielmehr ist das öffentliche Pissoir an der Kreuzung von Preysing- und Kellerstraße zugesperrt und dem Verfall preisgegeben. Das will der Bezirksausschuss (BA) Au-Haidhausen nun ändern und das Toilettenhäuschen, das aus dem späten 19. Jahrhundert stammt, wieder nutzbar machen. Wie das Gremium einstimmig beschlossen hat, soll die Stadt verschiedene Möglichkeiten prüfen: Neben der Wiederinstandsetzung als Toilettenanlage werden in dem BA-Antrag alternativ auch die Einrichtung einer Mikrokunsthalle sowie die Sanierung samt künstlerischer Gestaltung der Außenwände genannt - nach dem Vorbild des Pissoirs am Holzplatz, auf dessen Fassade seit einem Jahr die Köpfe von Freddie Mercury, Albert Einstein und Rainer Werner Fassbinder prangen.

"Mir ist das Pissoir beim Spazierengehen immer wieder aufgefallen", sagt Arnošt Štanzel (Grüne), auf den der Antrag zurückgeht. Und nachdem ihn zuletzt auch noch eine Bürgeranfrage zu dem Bauwerk erreichte, habe er jetzt die Initiative ergriffen. "Seit Jahren erfüllt das Toilettenhaus seine ursprüngliche Funktion nicht mehr und verfällt zusehends", heißt es in dem Antrag. Deshalb solle nun "ergebnisoffen" geprüft werden, wie man das denkmalgeschützte Pissoir wiederbeleben könne. Im Rathaus hat man sich darüber bislang noch keine Gedanken gemacht - obschon der Stadtrat 2019 beschlossen hat, die Zahl der öffentlichen Toiletten in München deutlich zu erhöhen. Zu dem Pissoir hinterm Gasteig teilt das zuständige Baureferat jedoch mit: "Zu Überlegungen für eine etwaige Nachfolgenutzung" sei der Behörde nichts bekannt.

Dabei ist das etwas versteckt gelegene Bauwerk mit seiner Gusseisenkonstruktion samt Beschlagwerkornament ein echtes Klo-Kleinod. Und auch von der Lage her wäre eine öffentliche Toilette an dieser Stelle durchaus sinnvoll, findet Arnošt Štanzel. Der Nachteil: Hinter dem eisernen Vorhang des Häuschens könnten sich lediglich Männer erleichtern. "Vielleicht ließe sich die Nutzung als Pissoir und eine Bemalung von außen ja auch kombinieren", sagt Štanzel. Die anstehende Sanierung des Gasteigs will der BA jedenfalls nicht als Ausrede gelten lassen, das Thema auf die lange Bank zu schieben. Würde die Umgestaltung des Pissoirs mit der geplanten Renovierung des Kulturzentrums kollidieren, heißt es im Antrag des Bezirksausschusses, "sollte nichtsdestotrotz bereits jetzt angefangen werden, die zukünftige Nutzung zu planen".

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Quelle:
SZ vom 16.02.2021
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