Süddeutsche Zeitung

Event-Arena am Flughafen:Ein ganz geheimes Großprojekt

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Die Grünen legen ein internes Dossier des Finanzministeriums offen, in dem es um den Bau eines Kongresszentrums samt Hotel und Parkhaus am Flughafen geht. Das könnte eine Menge Probleme mit sich bringen.

Von Andreas Schubert

Die geplante Event-Arena am Münchner Flughafen könnte eine Menge Probleme mit sich bringen. Das geht aus einem internen Dossier des bayerischen Finanzministeriums hervor, das der Landtagsabgeordnete Johannes Becher (Grüne) am Montag veröffentlicht hat. Es war offenbar versehentlich an eine offizielle Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage Bechers angehängt worden. Aus dem Papier geht unter anderem hervor, dass außer der Halle ein Hotel und ein Parkhaus geplant sind. Die Halle selbst soll eine "multifunktionale Veranstaltungsstätte" mit rund 40 Sälen und Räumen sowie einer zentralen Multifunktionshalle werden. Da Details aus dem Dossier nicht in der offiziellen Antwort vorkommen und er außerdem gebeten worden sei, dieses vertraulich zu behandeln, wirft Becher der Staatsregierung Intransparenz vor.

Wie Anfang August bekannt geworden war, plant ein privater Investor auf einem Grundstück, das dem Flughafen gehört, ein 200 Millionen Euro teures "Convention Center", eine Veranstaltungshalle für bis zu 20 000 Menschen. Der Investor SW Munich Real Estate GmbH, ein Joint Venture des Freisinger Unternehmens Logo Partners GmbH und der KGAL GmbH & Co KG aus Grünwald, hatte das Projekt dem Freisinger Stadtrat vorgestellt. In der Halle könnten Kongresse, Konferenzen und Firmenevents stattfinden, aber auch Konzerte, Shows oder TV-Produktionen. Aus der Sicht des Investors besteht im Großraum München hier noch Nachholbedarf.

Die Halle soll westlich der Agip-Tankstelle außerhalb des eigentlichen Flughafengeländes entstehen, aber im sogenannten Vorranggebiet. Für das etwa zehn Hektar große Grundstück ist laut dem Dossier derzeit keine anderweitige Nutzung vorgesehen. Während der Freisinger Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher (Freisinger Mitte) dem Projekt offen gegenüber steht, zeigten sich zum Beispiel die Grünen äußerst skeptisch. Der Abgeordnete Becher sieht die Zweifel nun bestätigt. Die Baugenehmigung stellt laut Dossier "einen wesentlichen Problempunkt dar". Denn einfach so darf das Grundstück nicht bebaut werden, ein Vorhaben braucht einen gewissen Flughafenbezug respektive eine Flughafenaffinität. Außerdem muss der Bedarf begründet werden.

Da der Investor ein Baurecht mittels Bebauungsplans als "sehr zeitkritisch" beurteile, so Becher, würden nun die Staatsregierung und die Flughafengesellschaft FMG kreativ, wie über eine "luftrechtliche Planfeststellung" Baurecht für diese Halle geschaffen werden kann. Das bestehende Baurecht des Flughafens solle dementsprechend genutzt werden, um die üblichen Prozesse zu umgehen. Zwingend erforderlich sei eine "positive Vorabstimmung mit der Planfeststellungsbehörde", heißt es in dem Papier. Anschließend daran werden verschiedene Optionen andiskutiert, um die baurechtlichen Sonderrechte des Flughafens für eine Baugenehmigung der Eventhalle auszunutzen.

Die grüne Landtagsfraktion fordert dagegen ein "ordentliches rechtsstaatliches Verfahren". Becher sagt: "Wenn der Flughafen Flächen besitzt, die er derzeit und auch in Zukunft selbst nicht benötigt, gehören diese dementsprechend aus dem Vorranggebiet Flughafen herausgenommen." Dies ermögliche dann ein ordnungsgemäßes Bauplanungsverfahren, sollte die Stadt Freising ein solches anstreben. "Ganz ohne Hintertür und ohne Sonderrechte."

Laut Einschätzung des Finanzministeriums brächte die neue Halle eine "erhebliche Konkurrenzsituation" zur Münchner Olympiahalle sowie eine "direkte und harte Konkurrenz" zum ICM der Messe München GmbH - und damit erwartbar negative Folgewirkungen für deren Gesellschafter, den Freistaat und die Stadt München. Das geplante Hotel könnte für das Hilton am Airport zum Problem werden.

Was den Verkehr angeht, so würde die Eventhalle laut Dossier zu einer "deutlichen Mehrbelastung der Infrastruktur und des Personennahverkehrs" in der Region führen. Zudem rechnet die Staatsregierung mit "Synergiepotenzialen" durch "zusätzliches Passagieraufkommen (Veranstaltungstourismus)".

Die Region sei durch das bestehende Verkehrsaufkommen am Boden und in der Luft bereits extrem belastet, kritisiert Becher. "Die Situation darf nicht durch ein nicht zwingend erforderliches Mega-Bauvorhaben weiter zugespitzt werden."

"Bemerkenswert" findet Becher, dass im Dossier steht: "Investor [unterstützt durch MdL Sauter]". Der frühere Justizminister Alfred Sauter (CSU) ist Direktabgeordneter aus dem Landkreis Günzburg. Dieser Vermerk, sagt Becher, werfe eine ganze Reihe von Fragen auf: "Welche Bedeutung für den weiteren Verlauf des Bauvorhabens hat die Unterstützung durch Sauter, wenn dies sogar in diesem internen Dossier der Staatsregierung genannt wird?" teilt Becher mit. "Ist Herr Sauter hier in seiner Funktion als Abgeordneter des Bayerischen Landtags oder im Rahmen einer Nebentätigkeit aktiv?" Im Dossier zumindest werde er explizit als "MdL" und nicht als Rechtsanwalt betitelt. Alfred Sauter selbst erklärt dazu, der Investor werde von seiner Anwaltskanzlei Sauter & Wurm anwaltlich beraten und vertreten, so auch in der Angelegenheit Kongress- und Veranstaltungszentrum.

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SZ vom 22.09.2020
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