Süddeutsche Zeitung

Nahversorgung:Wo man auch nachts einkaufen kann

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Münchens erster vollautomatischer Quartiershop eröffnet in Pasing. Der kleine Laden kommt ohne Verkäufer aus und ist rund um die Uhr geöffnet. Funktioniert das Konzept, könnten weitere Märkte folgen.

Von Ellen Draxel

"Sahne am Sonntag" einkaufen? Oder schnell noch "Snacks und Drinks für das Zockerwochenende" besorgen, obwohl die Läden schon zu haben? Was eine ältere Dame und ein junger Mann auf zwei Plakaten als verlockende Möglichkeit des "Smartstores" Latebird in den Raum stellen, wird von diesem Freitag an in einem Pasinger Wohnquartier des Immobilienkonzerns Vonovia Realität. Dann eröffnet an der Ecke Lortzing- und Scapinellistraße Münchens erster vollautomatischer 24/7-Supermarkt als Quartiershop.

Ein kleiner Einkaufsbereich, ausgestattet mit zwei Förderbändern wie an der Supermarktkasse und mit Displays, auf denen man Rubriken auswählen kann, ist das Tor zu 650 Produkten. Erhältlich sind dort Lebensmittel wie Brotaufstriche, Nudeln oder Tiefkühlpizzen und viele für den Sofortverzehr gedachte Artikel wie Joghurt, Eis und Getränke. Das Sortiment umfasst aber auch Drogerieartikel, Süßigkeiten, Snacks und sogar Tiernahrung.

Die Bedienung ist simpel. Kunden wählen einfach die gewünschten Waren auf dem Touchscreen aus, bezahlen mit Karte oder von März an mit einer App - und warten dann etwa 20 Sekunden, bis das erste Produkt erscheint. Bei zehn Artikeln ist der Einkauf nach rund zwei Minuten beendet, eine schnelle Sache im Vergleich zu den langen Schlangen an der Supermarktkasse. Allerdings sind die Waren auch bis zu zehn Prozent teurer als sonst im Laden.

Das kassenlose Einkaufen rund um die Uhr ist nicht neu. So öffnete beispielsweise Ende 2022 ein "Pick & Go"-Supermarkt von Rewe an der Karlstraße in der Nähe des Stachus, in dem Kameras an der Decke erfassen, was man einkauft, bezahlt wird dann per App. Fünf Minuten vom Englischen Garten entfernt befindet sich außerdem der vollautomatisierte Mini-Markt Ben and Bred, der rund um die Uhr offen hat und 125 Produkte anbietet - vom Snack bis hin zu Haushaltswaren. In Wohnsiedlungen aber sind automatisierte und dauerhaft nutzbare Shops bislang ein Novum.

"Wir haben unsere Mieter und Mieterinnen befragt und dabei festgestellt, dass sie oftmals mit der Nahversorgung nicht zufrieden waren", erklärt Maximilian Breß. Er ist bei der Vonovia für Innovationen zuständig und hat sich deshalb vor zwei Jahren an Markus Belte gewandt, den Gründer und Geschäftsführer von Latebird. Gemeinsam entwickelten sie das Konzept für den Pasinger Store. "Die Leute kaufen heute lieber weniger ein und gehen dafür öfter", sagt Breß.

Latebird-Shops gibt es mittlerweile 40 in Deutschland, in diesem Jahr sollen 150 weitere hinzukommen. Bei allen ist die Firma lediglich der Anlagenhersteller - mit Ausnahme des ersten vollautomatisierten Stores in Paderborn und nun dieses neuen Modells in Pasing, wo sie zugleich als Betreiber auftritt. Die Pasinger Siedlung mit ihren rund 2500 Bewohnerinnen und Bewohnern eignet sich aus Vonovia-Sicht ideal als Pilotquartier - zumal dort der Laden einer ehemaligen Bäckerei bereits leer stand.

Mehr als eine Ergänzung zum klassischen Großeinkauf soll der Store aber nicht sein. Auch wenn Latebird "im Prinzip alles bieten kann, was ein Supermarkt auch leistet", betont Belte. Die Schränke mit unterschiedlichen Temperaturzonen mit bis zu minus 21 Grad hinter der Verkaufswand sehen aus wie herkömmliche Snackautomaten, sie werden im Durchschnitt dreimal wöchentlich nachgefüllt. Eine "cloud-basierte Lösung" melde jederzeit, "was wann leer ist, sekundengenau", sagt Belte. Wie Latebird es allerdings anstellt, die Waren sanft auf dem Förderband abzulegen, bleibt Betriebsgeheimnis.

Zwei Jahre lang soll die Testphase in Pasing dauern, dann wird man sehen, ob die Idee auch auf andere Quartiere übertragbar ist. Einkaufen kann in dem Store ab sofort aber jeder - auch Nicht-Viertel-Bewohner.

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