Süddeutsche Zeitung

Schulen und Kitas:"Wir gehen erst, wenn wir einen Elternbeirat gewählt haben"

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Es hilft ja nichts: Elternbeiräte und Klassenelternsprecher müssen gewählt werden, das ist gesetzlich vorgeschrieben. Doch was, wenn die Kita wegen der Pandemie geschlossen ist? Oder Abstände nicht gewahrt werden könnten?

Von Jakob Wetzel

Es gibt oft einen peinlichen Moment, kurz bevor ein Elternabend in der Kita oder in der Schulklasse zu Ende geht. Dann heißt es: Wer möchte denn Elternsprecher oder Elternbeirat werden? Mit Glück gehen daraufhin rasch zwei, drei Hände nach oben. Andernfalls herrscht bedrückende Stille, und zwar solange, bis einer aufgibt. Es hilft ja nichts: Elternbeiräte und Klassenelternsprecher müssen gewählt werden, das ist gesetzlich vorgeschrieben. Doch was, wenn die Kita wegen der Corona-Pandemie geschlossen ist? Oder wenn die Abstände nicht gewahrt werden könnten?

In München gibt es dafür nun eine Lösung. Das Bildungsreferat hat den städtischen Kitas und den Elternbeiratsvorsitzenden im Sommer ein "alternatives Wahlverfahren" vorgestellt. Das orientiere sich am Modus der Kommunalwahl, heißt es in dem Schreiben, und dass sich eine solche auch in einer Pandemie durchziehen lässt, hat sich ja am 15. März gezeigt. In den Kitas muss bis zum 15. Dezember gewählt werden. Wer das wie bisher per Akklamation erledigen will, darf das tun, falls es die Corona-Lage erlaubt. Andernfalls muss ein Wahllokal eingerichtet werden, die Eltern erhalten eine Einladung, die an der Urne als Stimmberechtigung dient. Ein Wählerverzeichnis muss auch gepflegt werden. Und die Kandidatinnen und Kandidaten dürfen mit Plakaten für sich werben.

Ein paar Unterschiede zur Kommunalwahl gibt es allerdings doch. Die Plakate etwa sollen nicht die Umgebung der Kita verzieren, sondern in der Einrichtung hängen, und zwar so, dass die Eltern sie auch lesen können, wenn der Zugang zur Kita beschränkt ist. Zu lesen sein müssen auf ihnen Vorname und Nachname; alles andere, etwa ein Wahlkampfmotto oder die politische Richtung, ist aber optional. Anders als bei der Kommunalwahl hat nicht jeder Erwachsene genau eine Stimme; wer mehrere Kinder in der Einrichtung hat, darf entsprechend öfter abstimmen. Eine Briefwahl gibt es nicht. Und es müssen auch nicht Lehrer von städtischen Schulen in Scharen zum Auszählen in eine Messehalle abkommandiert werden; das Ergebnis ermittelt stattdessen ein Wahlvorstand aus dem bisherigen Elternbeiratsvorsitzenden und zwei Beisitzern.

Offen bleibt, wie die Kandidatensuche ablaufen soll. Was, wenn keiner mag? Ein Platz im Elternbeirat ist ja zumindest in den meisten Münchner Kitas weniger begehrt als das Amt des Oberbürgermeisters. Bisher haben sich zwei Rezepte bewährt: Entweder die Kita-Leiterin beschwatzte gezielt Eltern auf dem Flur. Oder in der Versammlung hieß es: "Wir gehen erst, wenn wir einen Elternbeirat gewählt haben." Ist die Kita geschlossen, scheidet das aus.

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SZ vom 19.09.2020
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