Süddeutsche Zeitung

Münchner Tradition:Ein neuer Christbaum für den Marienplatz

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Am Dienstagmorgen ist der Weihnachtsbaum für München in Peiting geschlagen worden. Die Weißtanne stammt ausgerechnet vom Friedhof.

Von Thomas Anlauf

Erst kommt die Weißtanne dran, dann gibt es die Weißwürste: Wenn für den Münchner Marienplatz ein stattlicher Baum gefällt wird, dann muss eben auch die Verpflegung nach Münchner Art stimmen. So stand es wohl im Protokoll zur amtlichen Fällung der 60 Jahre alten Weißtanne, die am Dienstagmorgen nach allen Regeln der Kunst in Peiting umgesägt, hochgehoben und für den Transport nach München verladen wurde. Noch in der Nacht sollte der 27 Meter lange Baum quer durch mehrere Landkreise in Oberbayern bis zum Marienplatz gebracht werden, wo er in den kommenden zwei Monaten vor dem Rathaus stehen soll und mit etwa 3000 Lämpchen die Münchnerinnen und Münchner in Adventsstimmung bringen soll.

Sollte er die Reise aus der Marktgemeinde Peiting im westlichen Landkreis Weilheim-Schongau heil überstanden haben, was keine Selbstverständlichkeit ist, kann München aufatmen: Nein, das ist keine Hunger- oder Ekelfichte, die nun den Marienplatz zieren soll, wie es schon in früheren Jahren schon mal der Fall war. Nein, diese Weißtanne sah zumindest vor dem Abtransport noch sehr stattlich aus: Gerade gewachsen, dichter dunkelgrüner Wuchs, drei Tonnen schwer, und auch das Münchner Gardemaß ist mit 27 Metern Höhe, die die Peitinger Tanne für den Marienplatz vorweisen kann, deutlich überschritten. Zum Vergleich: Der Baum aus dem vergangenen Jahr maß 22 Meter, er stand vor seiner Fällung an der stark befahrenen Hauptstraße in Steingaden und musste ohnehin umgesägt werden, ein Problembaum sozusagen.

Auch die Peitinger Weißtanne musste letztlich gefällt werden - und nicht nur sie. Um den mächtigen Baum schadlos aus seiner angestammten Umgebung zu ziehen, musste sogar ein benachbarter Baum gefällt werden, was manche Besucher des Grundstücks in Peiting wohl nicht freuen wird: Die Bäume strahlten Erhabenheit aus und spendeten reichlich Schatten - auf dem Friedhof am Bühlach.

Ein Friedhofsbaum auf dem Marienplatz dürfte eine Premiere sein in der mehr als vier Jahrzehnte langen Tradition, dass Gemeinden oder Landkreise aus Deutschland, Österreich oder Südtirol der Landeshauptstadt Tannen oder Fichten spendieren. Im Gegenzug dürfen sich die Spenderkommunen während des Christkindlmarkts touristisch präsentieren und auch Glühwein und Souvenirs an prominenter Stelle im Innenhof des Rathauses anbieten. Dass der Landkreis Weilheim-Schongau nun innerhalb eines Jahres zum zweiten Mal einen Baum spendet, ist der Pandemie geschuldet. Ursprünglich sollte die Tanne 2020 aus Münchens Partnerstadt Verona kommen, doch die Grenzen waren dicht. So sprang kurzfristig die Gemeinde Steingaden mit ihrem Straßenbaum ein. Sie wäre eigentlich erst im Jahr 2033 am Zug gewesen, eine glückliche Fügung für Steingaden also.

Wenn die Peitinger Weißtanne an diesem Mittwochmorgen von der Münchner Berufsfeuerwehr aufgestellt wird, ist sie nicht nur Botschafterin für die Marktgemeinde Peiting. Bürgermeister Peter Ostenrieder und Landrätin Andrea Jochner-Weiß werden gemeinsam mit Münchens Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (alle CSU) die Tanne der Öffentlichkeit präsentieren. Im kommenden Frühjahr wird der Baum seiner letzten Bestimmung zugeführt: als Münchner Maibaum.

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