Süddeutsche Zeitung

Hadern:Nerviges Dribbling

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Lautes Ballspielen am Bolzplatz Blumenau bringt Anwohner um den Schlaf. Jetzt einigt man sich, den Basketballkorb abzubauen.

Von Berthold Neff, Hadern

Krokus, Veilchen, Silberdistel: Die Straßennamen in der Blumenau rings um den erneuerten Spiel- und Bolzplatz, der von diesen drei Straßen umgrenzt wird, suggerieren eine Idylle: Die Anwohner jedoch sehen das überhaupt nicht so. "Das unentwegte Schreien und Kreischen der dort aufhältigen Kinder und Jugendlichen, aber auch die lauten Geräusche, die das Ballspielen im Soccer-Court und dem unmittelbar an die Veilchenstraße angrenzenden Basketballkorb sowie den unmittelbar am Ausgang befindlichen Hängematten erzeugen, sind mit einer Lärmentwicklung verbunden, die den Anwohnerinnen und Anwohnern nicht zumutbar sind", heißt es in einem Brandbrief, den Rolf Hauner, Anwohner aus der Veilchenstraße, an die Planer im Baureferat richtete.

Am Montagabend war Hauner mit anderen Mitstreitern, die sich ebenfalls über Gebühr durch den neuen Spiel- und Bolzplatz belästigt fühlen, in die Sitzung des Bezirksausschusses (BA) Hadern gekommen, um sein Anliegen dort vorzutragen. Er führte nochmals aus, was er bereits in seinen Schreiben an die Stadtverwaltung vorgebracht hatte: Man habe das Schutzbedürfnis der Anwohner überhaupt nicht berücksichtigt. Im Sommer hätten sie den Lärm ertragen müssen, den bis zu 100 Kinder und Jugendliche dort erzeugten: "Wir sind in massiver Weise betroffen."

Ähnlich äußerte sich sein Nachbar Gerhard Kunde, der ebenfalls stark unter der Lärmbelästigung leidet, die seit dem Umbau von dem Spiel- und Bolzplatz ausgeht. Vor allem die Abpraller vom Streetballkorb, der relativ nahe an seinem Haus angebracht wurde, bringen ihn um den Schlaf. Er habe Belastungen von bis zu 85 Dezibel gemessen, was auf Dauer nicht zuzumuten sei. Seiner Meinung nach können diese tieffrequenten Töne nur durch massive Lärmschutzwände gedämmt werden. Oder aber, so die schriftlich vorgebrachte Forderung der Anwohner an die Stadtverwaltung, man lege den "sogenannten Jugendspielplatz umgehend still" oder verlege ihn, "um die berechtigten Lärmschutzinteressen der Anwohner zu wahren."

Rolf Hauner hatte darüber hinaus Mitte Januar in einem Schreiben an den BA darauf hingewiesen, dass man kürzlich die Polizei einschalten musste, weil etwa 20 Jugendliche abends auf den Hängematten "ohne jeglichen Abstand und ohne Maske" feierten. Es könne nicht sein, "dass soziale Problematiken der Blumenau einfach in das reine Wohngebiet Veilchenstraße abgewälzt werden".

Bei den BA-Vertretern stießen die Anwohner bei der Sitzung in der Turnhalle der Mittelschule an der Guardinistraße auf ein gewisses Verständnis, im zentralen Punkt jedoch auf eine breite Front der Ablehnung. Irmgard Hofmann (SPD), die stellvertretende BA-Vorsitzende, wies darauf hin, dass auch die Kinder und Jugendlichen, die dieses Angebot nutzen, "unsere Bürger" seien. Es sei die Aufgabe der Stadt, ihnen ein solches Angebot zu machen. Ähnlich äußerte sich Birgit Hainz (CSU), die daran erinnerte, dass sich der Bezirksausschuss seit Jahrzehnten bemüht habe, "hier eine gute Lösung zu finden". Sie erinnerte zudem daran, dass die Stadt mehrere Informationsveranstaltungen mit den Anwohnern organisiert habe. Es sei allen von Anfang an klar gewesen, "dass für diesen Spielplatz Bestandsschutz besteht". Es sei auch zulässig, in einem reinen Wohngebiet einen solchen Bolzplatz zu etablieren, auch mit einem DFB-Minispielfeld.

Darauf wies auch die BA-Vorsitzende Renate Unterberg (Grüne) hin. Es handle sich dort mitnichten um einen "Trendsportplatz". Man habe die Interessen der Anwohner von Anfang an im Blick gehabt, "deshalb haben wir auf einen Skaterplatz verzichtet und sowohl auf eine Beleuchtung als auch auf einen Regenschutz am Unterstand verzichtet". Damit habe man erreichen wolle, dass der Platz in den Abendstunden nicht mehr genutzt und die Belastung für die Anwohner reduziert werde.

Ein Hauptproblem stellt offenbar der Streetballkorb dar, der sich an den Mini-Fußballplatz anschließt, also relativ nahe an der Wohnbebauung liegt. Birgit Hainz verwies darauf, dass dieser Korb an der Silberdistelstraße montiert werden sollte, nun stehe er recht nah an den Häusern. BA-Chefin Renate Unterberg machte angesichts dieser Lage ein Angebot: "Wenn wir veranlassen, dass der Korb abgebaut wird, könnten Sie mit diesem Kompromiss leben?" Rolf Hauner antwortete, damit wäre man schon mal zufrieden, "aber wenn der Lärm danach trotzdem zunimmt, müssen wir noch mal reden". Anwohner Gerhard Kunde war nicht ganz so einverstanden ("der Bolzplatz ist das größere Problem"), kündigte aber an, diese Entscheidung zu akzeptieren ("ich enthalte mich der Stimme"). Eine Abstimmung der Bürger war bei diesem Thema und in diesem Gremium freilich ohnehin nicht vorgesehen. Renate Unterberg verwies abschließend darauf, dass nun das Ende der Fahnenstange erreicht sei. Weitere Forderungen, "damit das nächste Gerät wegkommt", seien ausgeschlossen.

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SZ vom 10.02.2021
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