Süddeutsche Zeitung

Getränke:Das stößt sauer auf

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Bier mit Mineralwasser ist eine Geschmacksverirrung. Der Gast ist damit nicht König, sondern einfach nur stillos.

Glosse von Stephan Handel

Es ist ja wieder Biergarten-, Stadtteil- und Straßenfest-Zeit, und damit leider auch wieder die Zeit zur Besichtigung einer ekelhaften, geschichts- und traditionslosen Geschmacksverirrung: Vor allem junge Leute vergehen sich am bayerischen Wesen, indem sie ihr Bier als "saures Radler" bestellen, was nichts anderes bedeutet, als dass es mit Mineralwasser gemischt wird. Mit Mineralwasser!

Wie jedermann weiß, wurde das echte Radler, also Bier versetzt mit Zitronenlimonade, auf der Kugleralm in Oberhaching erfunden, als dort eines heißen Sommertags das Bier auszugehen drohte. Das war nicht nur vernünftig und einfallsreich, sondern ist bis heute ausgesprochen wohlschmeckend - die prickelnde Süße der Zitronenlimo mengt sich auf das Beste unter das robuste Bitter des Bieres. Das Getränk ist durstlöschend und harntreibend, wahrscheinlich isotonisch und auf jeden Fall ein Genuss und ein echtes Sommergetränk.

Bier mit geschmacksneutralem Mineralwasser zu versetzen hingegen, ist nichts anderes als Panscherei. Vielleicht sollte öfter und mit drohendem Unterton darauf hingewiesen werden, dass Bierpanscher früher ertränkt wurden?

Hier aber sind es ja nicht die Gäste, die betrogen werden, denn sie verlangen ja selbst nach dem Dünnbier, das als einzigen Vorteil anführen kann - wenn das denn ein Vorteil sein soll -, dass bei gleichem Volumen weniger Alkohol konsumiert wird. Zwar gibt es Leute, die meinen, einige Münchner Biersorten schmeckten schon im Originalzustand wie gepanscht. Aber soll das ein Argument sein, auch die anderen zu verwässern?

Die Wirte hierorts sollten an ihren Berufsstolz denken, nicht immer nur an den Profit, denn der Gast ist nicht immer König, manchmal ist er auch einfach nur ein stilloser Depp: runter mit dem sauren Radler von den Getränkekarten!

Auch die Ober und Bedienungen können ihren Teil beitragen und sich an einen Spruch erinnern aus Zeiten, in denen der Gast noch zu seinem eigenen Vorteil erzogen wurde: Wer früher im Wirtshaus ein kleines Bier bestellte, eine sogenannte Preißn-Halbe, der bekam oft genug zu hören: "Hamma ned. Wart, bist a richtigs Bier mogst."

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