Süddeutsche Zeitung

Supernova:Nudel trifft Negroni

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Die Supernova-Bar probiert es mit hipper Gemütlichkeit in den Räumen des einstigen Vorstadt-Cafés. Dass der Ort kaum wiederzuerkennen ist, liegt vor allem an einer Veränderung.

Von Philipp Crone

Ein Teppich ändert alles. Zumindest in einer Bar. Es gibt wohl keinen anderen Einrichtungsgegenstand, der die Atmosphäre in einem Lokal so beeinflussen kann. Man sieht das gut in der neuen Supernova-Bar. Seit ein paar Wochen hat in den Räumen des schon seit 2019 geschlossenen Vorstadt-Cafés eine italienische Trattoria-Bar geöffnet. Und statt Parkett liegt nun Teppich. Wer also mit Wehmut herkommt, weil er früher im Vorstadt-Café gerne gefrühstückt hat, der kann das nun zum einen auch in der Supernova-Bar ab acht Uhr täglich machen, zum anderen gibt es kaum optische Anhaltspunkte für Wehmut, der Ort ist kaum wiederzuerkennen.

Statt Standard-Lederstühlen an Standard-Tischen auf Parkett stehen hier kleine Marmorrundtischchen mit eleganten Sitzen neben Holztafeln. Und unter allem liegt eben ein gemusterter Teppich, der dieser Atmosphäre zwischen frischer Burrata und Negroni-Drinks, zwischen hektischer Eröffnungsbetriebsamkeit und dem gut einstudierten Lässig-Chic der Gäste, die stolz sind, einen Tisch bekommen zu haben und sich schick gemacht haben. Aber diesen Stolz soll ihnen keiner anmerken, zur Sicherheit schauen sie gelangweilt.

An einem Wochenendabend sieht man hier derzeit den üblichen Münchner Ausgehreflex. Bar und Restaurant sind voll von Erstgängern. Ein neues Lokal, mit einem derart bekannten Vorgänger und von einem in München durch diverse weitere Lokale bekannten Wirt, muss begutachtet werden. Die Fraktion der "Du warst noch gar nicht in der ...?"-Ausgeher ist in der Stadt traditionell hoch.

Fabio Spagna, der unter anderem das Lola und die beiden "The Italian Shot"-Lokale betreibt und vor allem durch das Paisano bekannt wurde, eine Restaurant-Bar, die von Schauspieler Elyas M'Barek mitbetrieben wurde, hat an der Türkenstraße 83 einen weiteren Italien-Ableger eröffnet. Entsprechend sieht die Barkarte aus. Da gibt es etwa einen Espresso Martini (13 Euro) mit Wodka, Kaffeelikör, Datteln, Kokosnuss und Espresso. Eine elegante Cocktail-Variante des caffé corretto, bei dem der Italiener klassischerweise Grappa oder Sambuca seinem Espresso beimischt. Süß, würzig, wirksam. Wobei die meisten Gäste sich eher an den Sprizz-Varianten abarbeiten. Das Münchner Barpremierenpublikum trägt Hemd und Kleid, ist vom Alter her eher im ersten Job als im letzten und schaut sich gekonnt so um, dass es kaum auffällt. "Ach, das Münchner Publikum, lauter schöne Menschen", sagt ein Münchner, der schon länger im bundesländischen Ausland haust.

Im leicht hochgelegten Nebenraum windet sich ein Sofa an der Wand, Frauen mit Hang zum Glattstreichen der Haare über beide Ohren sind mit Nudelgerichten und den Servietten beschäftigt. Tomatensoße macht vor allem ja auf Ausgehkleidern einen mittelguten Eindruck. Die Drinks werden im Laufe des Abends kleiner, statt der Sprizz-Weingläser tragen die Kellner Tumbler über den Teppich. Der Biscotti Mei Prato (12,50) ist ein solider Mai Thai, die Keks-Einlage lässt sich nur erahnen, dafür ist der Bronte Sour (12) mit seiner Mischung aus Erdbeer, Pistazie, Zitrone und Whisky überraschend und damit sehr gelungen.

Man macht am Ende zum Dessert Selfies mit Blitz. Die starken Negronis werden ab 22 Uhr gefragter. Es ist eine Trattoria, wie sie so wohl nur in München stehen kann. Und geeignet für alle Gäste, außer sie haben dreckige Schuhe. Aber wer hat die in München schon.

Adresse: Türkenstr. 83, 80799 München, Telefon: 089/356477231, Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 8 bis 1 Uhr, Freitag 8 bis 2 Uhr, Samstag 9 bis 2 Uhr, Sonntag 9 bis 1 Uhr, supernova@thebellezzagroup.com

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SZ vom 22.09.2020
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